Vorbild Frankreich: Fallen die Rundfunkgebühren?

Zentrale von Radio France. Bild: ferdee2, CC BY 3.0

Themen des Tages: Krise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Chefredakteur der Zeitschrift Welttrends zur Kooperation mit Telepolis. Und AdBlue wird knapp.

Liebe Leserinnen und Leser,

1. In Deutschland reißt die Debatte um Rundfunkgebühren nicht ab. Frankreich schafft indes Fakten.

2. Der Chefredakteur des Journals Welttrends zur Kooperation mit Telepolis.

3. Was der Mangel an AdBlue für die Supermärkte bedeutet.

Doch der Reihe nach.

Rundfunkgebühren in Frankreich abgeschafft. Folgt Deutschland?

Die Skandale beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben auch in Deutschland die Debatte über Rundfunkgebühren und Sendemanagement befeuert. Das ist ernst zu nehmen, wie der Blick nach Frankreich zeigt: Dort wurden die Gebühren gerade abgeschafft.

In Berlin sprach sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nun gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags aus und begründete das mit der Wirtschaftskrise. "Ein Einfrieren der Gebühren wäre das richtige Signal angesichts der Belastungen der Menschen durch die Inflation", sagte Lindner der Süddeutschen Zeitung.

Wenn Preise und Tarife steigen, seien die Sender gefordert, die Mehrkosten "durch Konsolidierung und Reformen in den bestehenden Budgets" auszugleichen.

Der FDP-Politiker hatte sich zuvor schon dafür ausgesprochen, die Gehälter der Intendanten öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten zu deckeln. Da diese Sender durch Gebühren finanziert werden, brauche es "einen objektiven Maßstab". Man könne sich an den "Bezügen höchster Staatsämter" orientieren, etwa dem Bundeskanzler oder Ministerpräsidenten.

In Frankreich wurde ein radikalerer Weg gewählt. Ab diesem Herbst ist dort die Rundfunkgebühr Geschichte. Zuletzt zahlten die Franzosen 138 Euro pro Jahr, beziehungsweise 88 Euro in den Überseegebieten.

Dieses Geld wurde bislang von 28 Millionen Haushalten in Frankreich eingezogen, die nach eigenen Angaben über ein Fernsehgerät verfügen. So kamen 3,2 Milliarden Euro für die öffentlich-rechtlichen Anstalten Radio France und France Télévisions zusammen. Finanziert wurden zudem das Auslandsangebot TV 5 Monde und der deutsch-französische Senders Arte. Die Regierung in Paris steuerte weitere 600 Millionen Euro dazu.

Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet, versprach die Regierung zwar, die wegfallende Rundfunkgebühr in diesem Jahr mit 3,7 Milliarden Euro aus Einnahmen der Mehrwertsteuer auszugleichen:

Doch die Unsicherheit ist groß: Wie verlässlich wird die Finanzierung künftig sein – und wie unabhängig von der Regierung, die das Budget als Hebel benutzen könnte? Drohen Kürzungen, nachdem sich Kulturministerin Rima Abdul-Malak offen für Fusionen gezeigt hat?

In Frankreich treten, wie auch in Deutschland, vor allem liberale und rechte Kräfte für eine Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder der Gebühren ein. Die Forderung der rechtsextremen Rassemblement National, die Sender in Frankreich zu privatisieren, werde wohl aber nicht umgesetzt, so das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Chefredakteur von "Welttrend": "Telepolis bietet kritische Meinungen jenseits des Mainstreams"

Drei Fragen an Raimund Krämer, Chefredakteur des außenpolitischen Journals Welttrends, mit dem Telepolis seit dem Sommer 2022 redaktionell zusammenarbeitet.

Herr Krämer, Sie sind Chefredakteur der Zeitschrift Welttrends, die in Potsdam erscheint. Welttrends widmet sich, wie es in der Eigendarstellung heißt, "internationalen Herausforderungen und globalen Fragen, denen sich Deutschland und die Welt zu Beginn des 21. Jahrhunderts gegenübersehen". Wie kam es zur Gründung?
Raimund Krämer: Welttrends ist in den Zeiten der Wende entstanden. "Krisenzeiten sind Gründerzeiten", lautete der erste Satz meines ersten Editorials 1993. Eine der Kernideen ist, die deutsche Außenpolitik – die der Berliner Republik also – kritisch zu begleiten.
Aus einem eher akademischen Projekt, einer Vierteljahresschrift mit langen Artikeln und Fußnoten, wurde im Laufe der Zeit eine Zweimonatsschrift und dann eine gestaltete Monatsschrift mit Text und Bild.
Uns ging es auch darum, Stimmen aus dem Osten mit in die Debatten über internationale Politik einzubringen. Ostdeutsche und polnische Akademiker haben Welttrends gegründet, das polnische West-Institut war über drei Jahrzehnte Mitherausgeber. Regelmäßig waren und sind polnische Autoren im Heft und einmal im Jahr gibt es ein Heft zur Außenpolitik Polens.
Wir wollen die Debatte auch mit Stimmen aus der Welt bereichern, von Chile bis China, von Kolumbien bis Kenia. Einige Texte handeln nicht über China, sondern sind von chinesischen Autoren verfasst.
Die Redaktion arbeitet bis heute ehrenamtlich, wir zahlen keine Honorare an Autoren.
Wie haben sich Anforderungen, Arbeit und Umfeld verändert?
Raimund Krämer: Materiell sind die Bedingungen besser und stabiler geworden, die Arbeit der Redaktion läuft professionell. In Corona-Zeiten wurde die Arbeit mit und über das Netz verstärkt.
Und, klar, mit der Zeit gab es eine stärkere Verbreitung, mehr Anerkennung und mehr Angebote von neuen Autorinnen und Autoren.
So konnten wir auch auf aktuelle Ereignisse wie den Ukraine-Krieg schnell und sachlich solide reagieren.
Aber wir werden auch älter, Mitarbeiter scheiden aus, junge Redakteurinnen und Redakteure etwa, die eine bezahlte Arbeit angetreten haben.
Zuletzt haben sich auch bei uns die Kosten deutlich erhöht, daher eine erneute Preiserhöhung beim Heft.
Seit einigen Monaten arbeiten Sie mit Telepolis zusammen. Warum diese Kooperation?
Raimund Krämer: Telepolis bietet kritische Meinungen jenseits des Mainstreams und interessante Autoren, die sonst nicht zu finden sind. Die Verlinkung auf Quellen in den Telepolis-Texten bietet einen hohen Mehrwert für die Leser.
Für uns ist natürlich aber auch die große Reichweite von Telepolis wichtig, über die unsere Texte eine neue Aufmerksamkeit bekommen. Und deshalb freuen wir uns über die Kooperation mit Ihnen!

Was der Mangel an AdBlue bedeutet

Der Transportbranche geht langsam AdBlue, der Zusatzstoff für Dieselfahrzeuge, aus, berichtet Telepolis heute. AdBlue ist ein Nebenprodukt aus der Herstellung von Kunstdünger, für die Erdgas benötigt wird. Ohne AdBlue bleiben viele Lastwagen und Dieselfahrzeuge stehen:

Noch ist das Problem nicht gravierend, doch die Liefersituation ist angespannt. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) ist bereits dabei, für seine Mitgliedsunternehmen eine Notversorgung zu organisieren. Bei akuten Versorgungsengpässen stellt der Verband ein begrenztes Kontingent des Additivs zur Verfügung.

Bernd Müller heute bei Telepolis

Saudis hui, Russland pfui?

Auf die doppelten Standards im Umgang mit Russland und anderen Autokratien verweist heute Telepolis-Redakteur David Goeßmann. Im Fall von Saudi-Arabien seien keine Sanktionen im Gespräch, obgleich die Menschenrechtslage dort katastrophal sei:

Warum wird bei Saudi-Arabien weggeschaut, obwohl die repressive Öl-Monarchie seit vielen Jahren ein anderes Land bombardiert und eine der schlimmsten humanitären Katastrophen seit Jahrzehnten ausgelöst hat, weltweit Terror züchtet und unterstützt, sehr wahrscheinlich in die Anschläge von 9/11 involviert gewesen ist und einen kritischen saudischen Journalisten, der für die Washington Post arbeitete, in Istanbul ermorden ließ? Warum wird das repressive und brutale Regime trotzdem weiter vom Westen, insbesondere den USA und Deutschland, hofiert und belohnt?

Heiner Flassbeck: Wiederholte Fehler der Wirtschaftspolitik

Der Ökonom Heiner Flassbeck vergleicht heute in seiner Telepolis-Kolumne die Ursachen der Rezession vor 50 Jahren und der aktuellen Lage:

Vor 50 Jahren gab es eine ganz besondere Situation in der Weltwirtschaft: Es gab einen großen Angebotsschock, die Ölpreise stiegen, Öl wurde aber weiter in nahezu unveränderter Menge konsumiert, die Ölproduzenten machten enorme Gewinne, die gemessenen Inflationsraten in den westlichen Ländern gingen nach oben und die Notenbanken erhöhten die Zinsen, um die Inflation zu bekämpfen.

Die Wirtschaftspolitik der westlichen Welt sei im Begriff, exakt die gleichen Fehler wie damals zu machen.

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