Weniger ist mehr: Warum ethische Datenverarbeitung effizienter ist

goldene, grüne und transparente Einsen und Nullen in Serverraum

Bild Serverraum: sdecoret / Shutterstock.com / Grafik: TP

Ethisches Datenmanagement schützt nicht nur Nutzer, sondern spart auch Energie. Experten erklären, wie es geht.

Dass staatliche Behörden Zugriff auf alle erreichbaren Daten haben wollen, ist durchaus nachvollziehbar. Ob dies von der Bevölkerung sowie der Wirtschaft gewünscht wird, steht auf einem anderen Blatt.

In diesem Zusammenhang kam der Begriff der ethischen Datenverarbeitung auf, der über die reine Gesetzeskonformität hinausgeht. Sie beginnt mit der Frage, welche Daten wir wirklich benötigen und wozu? Sie umfasst die bewussten Entscheidungen darüber, welche Daten gesammelt werden, wie der Datenschutz gewährleistet wird und wie sich systematische Verzerrungen (Bias) in automatisierten Systemen vermeiden lassen.

In der Praxis bedeutet das auch, sich von der Vorstellung zu lösen, dass mehr Daten automatisch zu besseren Ergebnissen führen. Gerade im Kontext von Künstlicher Intelligenz prägen Qualität und Fairness der Trainingsdaten maßgeblich die Wirkung eines Systems. Werden Daten unbedacht gesammelt oder genutzt, kann das nicht nur ethisch problematisch, sondern letztlich auch ökologisch schädlich sein.

Diese Fragestellungen sind keinesfalls neu, auch wenn sie lange Zeit verdrängt wurden und auch heute nur mit spitzen Fingern angefasst werden.

Mazhar Hameed, Professor für Software-Engineering an der Gisma University of Applied Sciences in Potsdam, hat sich als Experte für nachhaltige Digitalisierung gezeigt, insbesondere zu Themen wie Green Software-Engineering, Explainable AI und ethischer Datenverarbeitung.

Er forscht schwerpunktmäßig zur Schnittstelle von Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Ethik. Seine Arbeiten verbinden technische Innovationskraft mit gesellschaftlicher Verantwortung. Seine Perspektiven verbinden technische Tiefe mit gesellschaftlicher Relevanz und könnten gerade im Kontext aktueller Digital- und Klimadebatten besonders spannend sein.

Cloud-Dienste, Streaming und KI-Anwendungen boomen und damit steigt der Energiebedarf digitaler Technologien stetig. Schätzungen zufolge ist der CO2-Ausstoß der globalen IT-Branche inzwischen mit dem der Luftfahrt vergleichbar. Dennoch bleibt der digitale Fußabdruck in der öffentlichen Wahrnehmung meist unsichtbar.

Wenn jedoch Nachhaltigkeit in der Technologie sich nur um den Energieverbrauch dreht, um die Reduzierung von Emissionen oder "grünere" Cloud-Infrastrukturen dreht, wird eine entscheidende Ebene übersehen. Dies ist der ethische Umgang mit Daten. Laut Prof. Mazhar Hameed beginnt ein nachhaltiges digitales System nicht nur mit energieeffizienten Algorithmen, sondern mit bewussten und verantwortungsvollen Entscheidungen über Daten von Anfang an.

Green Software-Engineering als zukunftsorientierte Lösung

Die Energieeffizienz der Hardware scheint inzwischen ausgereizt. Jetzt rückt das Thema Green Software-Engineering in den Mittelpunkt der Forschung und damit die Diskrepanz zwischen der wachsenden Bedeutung digitaler Technologien und deren Umweltauswirkungen. Wie lässt sich Software nachhaltig gestalten, ohne Innovation auszubremsen? Wie können digitale Systeme entwickelt werden, die Energie und Ressourcen sparen und so einen realen Beitrag zum Klimaschutz leisten?

Green Software-Engineering schafft Nachhaltigkeit durch digitale Innovationen. So können Entwickler durch energieeffiziente Algorithmen, schlanken Code und bewussten Ressourceneinsatz den Energieverbrauch digitaler Anwendungen deutlich senken. Ziel muss dabei sein, Nachhaltigkeitsprinzipien schon direkt in den Softwareentwicklungsprozess zu integrieren, statt sie nur nachgelagert zu betrachten.

Ein weiterer Schwerpunkt in diesem Zusammenhang ist die Entwicklung erklärbarer Künstlicher Intelligenz. Die Nachvollziehbarkeit und Transparenz sind besonders bei KI-Systemen in sensiblen Anwendungsfeldern, wie Umweltanalysen oder sozialen Entscheidungsprozessen entscheidend für Vertrauen und gesellschaftliche Akzeptanz der digitalen Prozesse.

Viele digitale Anwendungen erscheinen ihren Nutzern so transparent wie eine Blackbox. Sie müssen daher verstehbar gemacht und verantwortungsvoll eingesetzt werden, damit sie auf Akzeptanz stoßen können.

Während rechtliche Rahmenwerke wie die DSGVO oder der AI Act wichtige Standards setzen, geht eine ethische Datenpraxis noch einen Schritt weiter. Sie stellt Transparenz, gesellschaftliche Verantwortung und langfristiges Vertrauen in den Vordergrund, unabhängig von einklagbaren Verpflichtungen dazu.

Nutzer und Stakeholder erwarten heute von einer digitalen Datenverarbeitung mehr als technische Leistung. Sie fordern Systeme, die nachvollziehbar, fair und rechenschaftspflichtig sind.

Gleichzeitig kann der verantwortungsvolle und sparsame Umgang mit Daten auch die mit der Verarbeitung verbundene Rechenlast verringern. Die spart Energie und reduziert Emissionen. Somit stehen Ethik und Effizienz nicht im Widerspruch. Sie stärken sich sogar gegenseitig.

Für Unternehmen bedeutet die Verankerung dieser Werte mehr als reines Risikomanagement, sie schafft Zukunftsfähigkeit. Systeme, die transparent und ethisch fundiert sind, lassen sich leichter überprüfen, skalieren und weiterentwickeln. Dies gilt gerade in einer Welt, in der digitale Technologien immer stärker in den Alltag jedes Einzelnen eingreifen.