USA unter Joe Biden: Jetzt impeachen die Republikaner zurück

Affäre Hunter Biden führt zu Amtsenthebungsverfahren gegen seinen Vater. Doch die Republikaner sind sich uneins. Und dann gibt es da noch ein anderes altes Problem.
Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, sorgte gestern für einen neuen Dreh im Wahlkampf. Er wies Parteimitglieder, die in wichtigen Ausschüssen sitzen, an, Ermittlungen gegen Joe Biden einzuleiten. Ziel ist ein Amtsenthebungsverfahren.
Kern der Anschuldigungen, die McCarthy vorbringt, sind illegale Geschäfte von Hunter Biden, dem Sohn des Präsidenten, in die auch sein Vater verstrickt sein soll. Die Anschuldigungen werden seit Langem erhoben, es gibt auch Gerichtsverfahren in der Sache.
Ob es den Republikanern gelingt, daraus politisches Kapital zu schlagen, ist unsicher. Eine Beteiligung von Joe Biden ist bislang nicht nachgewiesen.
Doch sprach McCarthy gestern gegenüber Medienvertreter davon, dass Republikaner im Repräsentantenhaus "ernsthafte und glaubwürdige Anschuldigungen über das Verhalten von Präsident Biden aufgedeckt" hätten. Er holte zu einem Generalangriff aus:
"Zusammengenommen zeichnen diese Anschuldigungen ein Bild einer Kultur der Korruption."
Laut New York Times veröffentlichten die Demokraten am Montag ein 14-seitiges Memo, das die Ermittlungen der Republikaner gegen Biden zum Scheitern verurteilen soll.
Pikant daran ist, dass es sich auf Infos des "Oversight"-Ausschusses gründet, der von einem republikanischen Abgeordneten geführt wird – und einer der Ausschüsse ist, die McCarthy mit Ermittlungen zum Amtsenthebungsverfahren beauftragt hat.
Das Memo stellte fest, dass der Oversight-Ausschuss unter der Leitung des Abgeordneten James R. Comer, Republikaner aus Kentucky, mehr als 12.000 Seiten von vorgeladenen Bankunterlagen erhalten, mehr als 2.000 Seiten von Berichten über verdächtige Aktivitäten geprüft und Stunden mit der Befragung von Zeugen verbracht hat, darunter zwei ehemalige Geschäftspartner von Hunter Biden. Doch keine der bisher freigegebenen Bankunterlagen zeigt irgendeine Zahlung an den Präsidenten.
New York Times
Viele Hürden
Der Weg zum Amtsenthebungsverfahren ist lang, es gibt viele Hürden, wie auch konservative deutsche Kommentatoren anmerken. Die Sache könnte für McCarthy selbst politisch gefährlich werden. Er hat nicht die volle Unterstützung der Republikaner.
So unangenehm die Affäre um die Auslandsgeschäfte seines Sohnes Hunter Biden für den Präsidenten ist, so gefährlich ist das parlamentarische Verfahren für McCarthy. Er ist ein Getriebener seines rechtsradikalen Fraktionsflügels. (…) Die Umstände seiner Wahl zum Sprecher, für die er 15 Abstimmungen benötigte, machten ihn aber zur Geisel einer Gruppe radikaler Abgeordneter, die ständig damit droht, ihn abzusetzen.
Faz
Noch gibt es keine Klarheit darüber, wie stark sich die Republikaner hinter das Amtsenthebungsverfahren stellen. Das wird sich die nächsten Tage zeigen.
Der Alterswahlkampf
Ein grundsätzliches Problem des Wahlkampfs bleibt: Warum tritt eigentlich ein altersschwacher Joe Biden gegen einen mehrfach angeklagten Donald Trump an, haben die Parteien wirklich keine besseren Kandidaten anzubieten?
Der angeblich best-positionierte Herausforderer des Ex-Präsidenten, Florida-Gouverneur Ron DeSantis, scheint immer mehr an Momentum einzubüßen.
Im Grunde scheint eine Wiederauflage der Präsidentschaftswahlen 2020 unausweichlich, obwohl sich beide Kandidaten in denkbar schlechte Ausgangspostionen für einen landesweiten Wahlkampf befinden.
Auf Seiten der Republikaner ist das Problem Trumps Beliebtheit bei der konservativen Wählerbasis. Der Ex-Präsident hat durch einen unvergleichbaren Überraschungssieg 2026 das geschafft hat, was Bernie Sanders, auf der anderen Seite des politischen Spektrums, verwehrt blieb: den Sieg eines Populisten gegen den Willen der eigenen Partei, des politischen Establishments, – und in Trumps Fall – auch gegen den Willen der Mehrheit der US-Bevölkerung.
Für diesen unverhofften Sieg sind ihm seine Anhänger ewig dankbar, und "Niemand", kann ihm derzeit diese Position in ihren Herzen und der Spitze der Republikanischen Partei, streitig machen. Das gilt besonders für Herausforderer Ron DeSantis.
Die Chancen der anderen Kandidaten
Denn auch wenn der 44 Jahre-junge Trump-Kontrahent auf dem Papier wie ein absoluter Traumkandidat aussieht, so spricht seine bisherige Karriere gegen ihn.
Die jüngsten Wahlsiege des Gouverneurs sind weniger auf ihn selbst, als auf den Wandel in der Zusammensetzung der Wählerschaft Floridas zurückzuführen. Oder, – und das dürfte für DeSantis eine noch unangenehmere Wahrheit sein -, ist sicherlich ein Großteil seiner Beliebtheit in Florida auf seine politische Nähe zum Ex-Präsidenten in Mar-a-Lago zurückzuführen.
Es war von vorneherein vermessen, von DeSantis demjenigen vom Thron zu stoßen, dessen politische Unterstützung er noch in den letzten Wahlen so sehnlich herbei gewünscht und erbeten hatte.
DeSantis einzige Chance ist eine Verurteilung Trumps zu einer Gefängnisstrafe. Aber selbst das könnte nicht ausreichen, denn in den USA kann man sich auch hinter Gittern zur Wahl stellen lassen, dafür gibt es sogar einen Präzedenzfall.
Gut, dann also Trump für die Konservativen! Eigentlich gut für die Demokraten, denn diese Wahl hat Joe Biden schon einmal gewonnen. Die unbequeme Wahrheit ist jedoch, Trump vs. Biden 2024 wäre den aktuell Zahlen nach ein Kopf an Kopf rennen.
Präsident Biden ist nicht beliebter als Trump, aber etwas weniger unbeliebt. Eigentlich ist es zu früh für Wahl-Vorhersagen. Dennoch hätte das Rennen gegen Trump niemals so eng werden dürfen. Schließlich ist einer der Kandidaten des versuchten Wahlbetrugs und zahlreicher anderer Vergehen angeklagt, ein mittelgroßes Handicap für den Ex-Präsidenten.
Und trotzdem behaupten einige Stimmen in den liberalen Medien steif und fest, nur Biden hätte eine Chance, Trump zu schlagen, und sei daher alternativlos.
Gretchen Whitmer?
Das Gegenteil ist der Fall: Biden selbst war es, der 2020 in den Vorwahlen behauptete, er wolle nur eine Brücke sein zur Zukunft der Demokratischen Partei, und verwies besonders auf Kamala Harris, Senator Cory Booker und Gretchen Whitmer.
Besonders Gouverneurin Whitmer, wäre allen Parametern nach eigentlich eine ideale Präsidentschaftskandidatin.
Biden gefährdet einen Wahlsieg der Demokraten
Doch Biden hält an der Macht fest. Damit gefährdet der alte Mann unnötigerweise einen Wahlsieg der Demokraten und sein eigenes politisches Erbe. Eigentlich ist die Demokratische Partei derzeit auf dem aufsteigenden Ast.
Wenn man die Special Elections 2023, also außerplanmäßige Wahlen auf Bundesstaatenebene, als Indikator für die Präsidentschaftswahlen 2024 versteht, und dafür gibt es gute Gründe, übertreffen die Demokraten derzeit alle Erwartungen.
Der Hauptgrund ist das Kippen von Roe vs. Wade durch das konservativ besetzte Oberste Gericht. Eine Verschärfung der Abtreibungsgesetze, die vielen in den USA die Entscheidung am Wahltag stark erleichtern wird.
Warum die Biden-Kampagne dieses historische Momentum nicht nutzt, sondern weiterhin versucht, der Wählerschaft "Bidenomics" schmackhaft zu machen, ist eine Frage, die wahrscheinlich nur mit Blick auf Bidens übergroßes Ego zu beantworten ist.
Selbst Teile des Establishments der demokratischen Partei zeigen sich besorgt. Eine am Donnerstag veröffentlichte CNN-Umfrage ergab, dass 46 Prozent der registrierten Wähler einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten besser fänden als Biden.
Bei den Anhängern der Demokraten schnitt der Präsident nicht viel besser ab: 67 Prozent von ihnen sagten aus, sie würden Alternative zu Biden bevorzugen. Wie The Hill berichtet, erklärte Chester James Carville Jr., ein namhafter Politik-Stratege der Demokratischen Partei, gegenüber dem Sender:
Man kann sich das nicht ansehen und nicht sagen, dass man besorgt ist", sagte Carville in einem Interview auf CNN. "Es wäre dumm von mir, im Fernsehen zu sagen, dass ich das nicht alarmierend oder beunruhigend finde. I wouldn't do that.
The Hill
Selbst die Parteieliten sind also beunruhigt. Trotzdem wirkt Biden bisher alternativlos.
Das Problem: Es gilt, als politischer Selbstmord gegen einen sitzenden Präsidenten der eigenen Partei in den Vorwahlen anzutreten. Schlimmer noch, eine solche Kandidatur, gilt als parteischädigend, und das nicht unbegründet.
Einige in der Partei dürften sich noch an die Vorwahlen 1968 erinnern, als mangelnde Parteidisziplin, und offensichtliche Uneinigkeit während den Vorwahlen den Demokraten eine Führungskrise einbrocke, die Richard Nixon erst an die Macht und dann 1972 zu einem historischen "landslide" Wahlsieg verhalf.
Vermutlich haben sich deshalb die Meisten bei den Demokraten mit einer Biden-Kandidatur abgefunden und setzen für ein positives Wahlergebnis schlicht auf Trumps Unbeliebtheit. Vielleicht ist das besser so, an der Hauptkritik an Joe Biden können die Politikstrategen bei den Demokraten nämlich auch nichts ändern.
Umfragen haben auch immer wieder gezeigt, dass viele der Befragten hinsichtlich Bidens Alter besorgt sind. Derzeit ist der Präsident stolze 80 Jahre alt, wird zu Zeitpunkt der Wahlen werden es 81 Jahre sein. Am Ende seiner zweiten Amtszeit wäre Biden damit 86 Jahre alt.
Dass, sich die Mächtigen der US-Politik schwertun, der nachfolgenden Generation Platz zu machen, ist ein parteiübergreifendes Problem. Biden jedoch gefährdet, mit seinem Gebaren, ein Wahlergebnis, dass eigentlich klar zugunsten der Demokraten ausfallen sollte.
Den Demokraten bleibt also nur zu hoffen, dass Präsident Joe Biden noch bis nach der Wahl durchhält, oder doch eben zur Vernunft kommt und rechtzeitig aufgibt. Seine Partei ist seinem Ego ausgeliefert, genau wie die Republikaner dem Trumps.