Grüne Geldanlagen: Der Öko-Boom ist vorbei

Geschäftsleute sprechen über ESG-Strategien in Risikomanagement-Workshop

(Bild: Tirachard Kumtanom / Shutterstock.com)

Immer weniger Deutsche interessieren sich für nachhaltige Investments. Laut einer Umfrage ist das Vertrauen in ESG-Fonds gesunken.

Grüne Geldanlagen, auch ESG-Anlagen genannt, stehen in den USA zunehmend unter Beschuss von konservativen Institutionen und Politikern. Während dort bereits ein offener Kulturkampf tobt und republikanische Abgeordnete Nachhaltigkeitsstrategien prinzipiell bekämpfen, vollzieht sich die Abkehr in Deutschland als schleichender Prozess: Das Interesse an nachhaltigen Investments schwindet. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Vergleichsportals Verivox.

Verivox-Umfrage: Interesse an grünen Geldanlagen rückläufig

Laut der Verivox-Studie bekunden nur noch 64 Prozent der Befragten Interesse an nachhaltigen Geldanlagen. Damit hat sich der Abwärtstrend aus den Vorjahren weiter verschärft: 2023 interessierten sich noch 69 Prozent für sogenannte ESG-Anlagen, also für Anlageprodukte, die ökologischen, sozialen und ethischen Mindeststandards genügen. 2022 waren es sogar 79 Prozent.

Auch die tatsächliche Nutzung grüner Finanzprodukte ist rückläufig: Vor drei Jahren hatte fast jeder Vierte (24 Prozent) nach eigenen Angaben Geld in nachhaltigen Anlageprodukten investiert. Vor einem Jahr waren es noch 21 Prozent und aktuell sind es nur noch 16 Prozent.

Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich, sieht einen Zusammenhang mit dem Bedeutungsverlust von Klimaschutzthemen in der öffentlichen Debatte:

Themen wie Klimaschutz und der Ausbau erneuerbarer Energie, die mit Nachhaltigkeit verbunden werden, haben in der Wahrnehmung vieler Menschen in den letzten Monaten und Jahren erheblich an Relevanz eingebüßt. Heute dominieren andere Themen den gesellschaftlichen Debattenraum. Im Zuge dessen ist auch das Interesse an nachhaltigen Finanzprodukten immer weiter zurückgegangen.

Desinteresse vor allem bei Senioren, Ostdeutschen und Kinderlosen

Am größten ist die Aufgeschlossenheit gegenüber nachhaltigen Finanzprodukten laut Verivox bei jungen Erwachsenen unter 30 Jahren. 81 Prozent von ihnen bekunden ein generelles Interesse an ökologisch und ethisch einwandfreien Geldanlagen. Mit zunehmendem Alter wird dieser Anteil immer geringer. Bei den über 70-Jährigen interessiert sich nur noch die Hälfte für ESG-Anlagen.

Besonders schwach ist das Interesse an nachhaltigen Fonds und Anlageprodukten bei Ostdeutschen. Gerade einmal 44 Prozent von ihnen zeigten sich aufgeschlossen für solche Geldanlagen. Ebenfalls auffällig: Wer in kinderlosen Haushalten lebt, hat etwa doppelt so häufig (40 Prozent) kein Interesse an nachhaltigen Geldanlagen wie Personen aus einer Familie mit Kindern (21 Prozent).

Was sind eigentlich grüne Geldanlagen?

Grüne Geldanlagen sind Investitionen in Unternehmen oder Projekte, die ökologische, soziale und ethische Kriterien erfüllen. Das Kürzel ESG steht dabei für "Environment, Social, Governance".

Ziel ist es, mit dem investierten Geld nicht nur eine finanzielle Rendite zu erzielen, sondern auch einen positiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft zu leisten. Typische Beispiele sind Investitionen in erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität oder faire Arbeitsbedingungen.

Allerdings gibt es seit Jahren Zweifel daran, wie nachhaltig grüne Geldanlagen wirklich sind. Oft wird dem konventionellen Geschäft nur ein grünes Mäntelchen umgehängt – ein Phänomen, das als "Greenwashing" bekannt ist.

Experten raten daher, genau hinzuschauen und nur Finanzakteuren zu vertrauen, die einen langen Track-Record über Anlagen mit echter Wirkung vorweisen können. Denn nur so lässt sich sicherstellen, dass das Geld tatsächlich im Sinne von Umwelt und Gesellschaft investiert wird.