Medizinischer Albtraum: Typhus-Bakterien werden unbesiegbar

Typhus-Erreger. Bild: Adao/ Shutterstock.com
Typhus galt als besiegte Krankheit. Doch der Erreger entwickelt sich zum Superkeim, der Antibiotika trotzt. In Asien gibt es nun eine beunruhigende Entdeckung.
Text: Das Bakterium Salmonella Typhi, Auslöser von Typhus, ist auf dem Weg, gegen fast alle Antibiotika resistent zu werden. Forscher schlagen Alarm und fordern dringende Gegenmaßnahmen, um eine internationale Gesundheitskrise abzuwenden. Erste Studien sind bereits 2022 erschienen, eine Lösung steht nach wie vor aus.
Typhus galt in Industrieländern lange als Krankheit vergangener Zeiten. Doch aktuelle Studien zeigen, dass der Erreger Salmonella enterica serovar Typhi (S. Typhi) weltweit zunehmend Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt – und damit wieder zu einer ernstzunehmenden Bedrohung wird.
Ein internationales Forscherteam analysierte über 3400 S. Typhi-Stämme aus den Jahren 2014 bis 2019. Die Proben stammten aus Nepal, Bangladesch, Pakistan und Indien. Das alarmierende Ergebnis: Die Zahl sogenannter "extensiv arzneimittelresistenter" (XDR) Typhi-Stämme nimmt rapide zu.
XDR-Stämme bereiten Sorge
XDR-Stämme zeichnen sich dadurch aus, dass gängige Erstlinien-Antibiotika wie Ampicillin, Chloramphenicol und Trimethoprim/Sulfamethoxazol nicht mehr wirken. Doch auch neuere Medikamente wie Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. Generation verlieren zunehmend ihre Wirkung gegen die Bakterien.
"Die Geschwindigkeit, mit der sich hochresistente S. Typhi-Stämme in den vergangenen Jahren entwickelt und verbreitet haben, ist höchst besorgniserregend", warnt Jason Andrews, Infektiologe an der Stanford University und Co-Autor der 2022 veröffentlichten Studie. "Wir müssen dringend die Präventionsmaßnahmen ausweiten, vorwiegend in den am stärksten betroffenen Ländern."
Gefährliche Typhus-Supererreger verbreiten sich global
Die Forscher dokumentierten fast 200 Fälle, in denen resistente Typhusstämme seit 1990 über Ländergrenzen hinweg eingeschleppt wurden – nicht nur in Südostasien und Afrika, sondern vereinzelt auch nach Europa und Nordamerika. Allein in Pakistan stieg der Anteil von XDR-Stämmen zwischen 2016 und 2019 von null auf über 60 Prozent.
Bisher gab es gegen XDR-Typhus immerhin noch eine letzte Verteidigungslinie: das Makrolid-Antibiotikum Azithromycin. Doch laut der Studie häufen sich nun auch hier Resistenz-verleihende Mutationen. "Das bedroht die Wirksamkeit aller oralen Antibiotika zur Typhusbehandlung", so die Forscher.
Bleibt eine Infektion mit XDR-Erregern unbehandelt, endet sie in bis zu 20 Prozent der Fälle tödlich. Weltweit erkranken jährlich schätzungsweise elf Millionen Menschen an Typhus. Um die Ausbreitung einzudämmen, sind laut Experten vor allem Impfungen mit sogenannten Typhus-Konjugatimpfstoffen (TCV) entscheidend. Studien belegen deren hohe Schutzwirkung von über 80 Prozent, auch gegen resistente Erreger.
"Das Auftauchen von XDR-S. Typhi und Azithromycin-resistenten Stämmen erfordert eine schnelle Ausweitung der Präventionsmaßnahmen, insbesondere den Einsatz von TCV in Typhus-endemischen Ländern", betonen die Autoren. Pakistan hat als erstes Land eine Routineimpfung eingeführt. Modellrechnungen zeigen: Würden Kinder in indischen Städten flächendeckend geimpft, ließen sich 36 Prozent aller Fälle und Todesfälle verhindern.
Globale Anstrengungen gegen Antibiotika-Resistenz gefordert
Doch Impfungen allein reichen nicht aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert eine konzertierte globale Kraftanstrengung: Dazu zählen massive Investitionen in Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika, eine bessere Überwachung und Eindämmung resistenter Erreger sowie der Ausbau von Hygiene und sanitärer Infrastruktur in Entwicklungsländern.
Typhus mag in Mitteleuropa derzeit kaum eine Rolle spielen. Doch Experten warnen: Was in Südasien passiert, kann sich in einer vernetzten Welt rasch global ausbreiten. COVID-19 hat dies eindrücklich vor Augen geführt. Höchste Zeit zu handeln, um eine Ära unkontrollierbarer Infektionen zu verhindern. Andernfalls könnten Antibiotika-Resistenzen laut WHO schon bald mehr Todesopfer fordern als HIV/AIDS oder Malaria.