Humanitäre Hilfe: Die Welt brennt, Deutschland kürzt

Panzer mit BRD-Flagge überollt UNO-Flagge

Millionen Menschen leiden unter Krieg und Hunger weltweit. Die Bundesregierung plant drastische Kürzungen der Hilfsgelder. Das wird Folgen haben.

In einer Zeit großer humanitärer Katastrophen plant die Bundesregierung in ihrem Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 massive Kürzungen bei der Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe.

Die Bilder aus Gaza, dem Ostkongo, Äthiopien oder dem Sudan dokumentieren die Notwendigkeit, die humanitäre Hilfe auszubauen und finanziell aufzustocken. Allein im Sudan gehen die Vereinten Nationen von über 12 Millionen Geflüchteten und zehntausenden Toten aus. Fast jedes zweite Kind unter fünf Jahren ist unterernährt.

Der Kabinettsbeschluss vom 24. Juni sieht für die Finanzierung humanitärer Hilfe nur noch rund eine Milliarde Euro vor, eine Kürzung um 52 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 59 Prozent seit 2022. Die humanitäre Hilfe sinkt damit trotz dramatisch gestiegener humanitärer Bedarfe auf den niedrigsten Anteil am Bundeshaushalt seit fast zehn Jahren – 0,21 Prozent. Das Budget des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) soll auf 10,3 Milliarden Euro sinken – ein Minus von acht Prozent.

In den kommenden drei Jahren soll der BMZ-Etat sogar um eine weitere Milliarde auf 9,3 Milliarden Euro gekürzt und damit noch einmal deutlich gegenüber den Planungen der Ampelkoalition reduziert werden. Details, auch zu einzelnen Haushaltstiteln, können Sie unserer ausführlichen Analyse des Haushaltsentwurfs entnehmen.

Pressemitteilung von Venro

"Es bröckelt der Konsens, dass wir globale Verantwortung übernehmen müssen, weil uns sonst der Planet um die Ohren fliegt. Das ist ein Flächenbrand. Und Deutschland macht mit", so Michael Herbst, Vorsitzender von Venro, dem Dachverband der Entwicklungsorganisationen.

Die deutsche Beteiligung am Welternährungsprogramm (WFP) lag 2023 noch bei 78 Millionen Euro, schrumpfte in 2024 auf 58 Millionen und soll im Haushaltsentwurf nur noch 28 Millionen Euro betragen.

Im gleichen Atemzug soll der Verteidigungshaushalt bis 2035 auf fünf Prozent des BIP steigen und ca. 225 Milliarden Euro betragen. Geplant sind u.a. die Anschaffung von über 1.000 Leopard-Panzer mit einem Stückpreis von ca. 25 – 30 Millionen Euro.

Mittel im Wert nur eines einzigen Leopard-Panzers für Welternährung

Im September übernimmt Annalena Baerbock die Präsidentschaft der UN-Generalversammlung in New York: ein bedeutendes Amt bei den Vereinten Nationen! Es geht auch um die Reputation Deutschlands in der Welt. Der Zukunftspakt wurde federführend von der deutschen und namibischen UN-Botschaft auf den Weg gebracht. Deutschland galt bisher als zuverlässiger Beitragszahler für die Unterstützung der vielfältigen Aufgaben, die die UNO leistet.

All das steht nun auf dem Spiel! Die Bundesregierung reiht sich ein in die Phalanx einflussreicher Staaten wie die USA, die die UNO mit ihren Haushaltskürzungen in eine Krise stürzen.

Die Kürzungen im bundesdeutschen Haushaltsgesetz müssten korrigiert und mindestens 2,5 Milliarden Euro für die humanitäre Hilfe beim Auswärtigen Amt und 11,2 Milliarden für das BMZ bereitstellt werden. Es wäre auch Aufgabe der zukünftigen Präsidentin der Generalversammlung, sich dafür einzusetzen

Rüstungskontrolle und Abrüstung gehören wieder auf die Agenda

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri dokumentiert in seinem Bericht 2024, dass es weltweit rund 12.241 Atomsprengköpfe gibt, von denen derzeit über 9.500 einsatzfähig seien. Die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel modernisieren ihre Arsenale weiter.

Allein 2.000 würden vor allem durch Russland und die USA in hoher Alarmbereitschaft gehalten. Einen deutlichen Zuwachs verzeichnet der Bericht im Arsenal Chinas. Die Forscher erwarten, dass das Land bis Ende des Jahrzehnts über mindestens so viele ballistische Interkontinentalraketen verfügen könnte wie die USA oder Russland. Auch Indien und Pakistan hätten 2022 neue Arten von nuklearen Trägersystemen eingeführt und weiterentwickelt.

Der New Start-Vertrag, der momentan Laufzeitbegrenzungen für strategische Kernwaffen zwischen den USA und Russland setzt, läuft Anfang 2026 aus. Ohne neue Abkommen droht ein nie zuvor gesehenes Wettrüsten um Atomwaffen.

Wir werden das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen vorantreiben. Ein Atomkrieg würde die gesamte Menschheit auslöschen und wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die Gefahren eines solchen Krieges abzuwenden. Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden und darf niemals geführt werden.

Zukunftspakt der Vereinten Nationen

Dieser fordert u.a. Initiativen zur Stärkung des Friedens, der Rüstungskontrolle und Abrüstung von Atomwaffen. Eine Aufgabe und Herausforderung, der sich Annalena Baerbock in ihrer einjährigen Präsidentschaft stellen müsste.

Die Risikoreduktion wie die Herabsetzung der höchsten Alarmstufe, der Ausbau von Gesprächskanälen zwischen der Nato, USA und Russland – unter Einbindung Chinas – und der Verzicht auf weitere Aufrüstungsschritte wären von höchster Dringlichkeit. Des Weiteren schließt das auch den Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen mit ein.

Deutschland stimmt gegen UN-Resolution für WHO-Studie

Am 26. Mai 2025 wurde in der WHO-Generalversammlung die Resolution "Effects of Nuclear War on Public Health" mit großer Mehrheit angenommen. Die Bundesregierung stimmte gegen die neue Studie, zusammen u.a. mit Russland, Großbritannien, Frankreich, Ungarn und Nordkorea. Zuvor hatten Russland und die USA versucht, die Resolution zu verhindern.

Obwohl die USA die WHO nicht mehr unterstützen, forderten sie andere Nato-Staaten dazu auf, dagegen zu stimmen. Von den 181 Stimmberechtigten wurde die Resolution mit 86 Ja-Stimmen, 28 Enthaltungen und 14 Gegenstimmen angenommen. 53 Länder haben sich nicht an der Abstimmung beteiligt.

Mehrere Nichtregierungsorganisationen setzten sich intensiv dafür ein, dass die Resolution in der WHO debattiert wird. Die Resolution beauftragt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die gesundheitlichen und umweltbezogenen Auswirkungen eines Atomkrieges systematisch zu untersuchen und die Forschung auf diesem Gebiet erheblich auszuweiten. Konkret sollen die wegweisenden WHO-Berichte von 1983, 1987 und 1993 zu den Gesundheitsfolgen von Atomkrieg und Atomtests aktualisiert werden.

Wie weiter?

Im September übernimmt Deutschland federführend mit Annalena Baerbock die Präsidentschaft der UN-Generalversammlung: eine herausgehobene Position mit weltpolitischer Verantwortung!

Die Ausrichtung und praktische Politik der Bundesregierung weist in eine andere Richtung. Sie reiht sich ein in all die Staaten, die den Multilateralismus begraben und die weltweite Verantwortung für Humanität und Krisenbewältigung zurückdrängen wollen.

Rolf Bader, geb. 1950, Diplom-Pädagoge, ehem. Offizier der Bundeswehr, ehem. Geschäftsführer der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte:innen für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte:innen in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW).