Getötete US-Soldaten in Jordanien: Wird Biden den Iran angreifen?

US-Präsident Joe Biden bei einer Rede im Pentagon, Washington, D.C. Bild: Lisa Ferdinando / Public Domain

Auf Militärbasis kamen bei einem Drohnenangriff drei GIs ums Leben. Biden kündigt harte Reaktion an, Kriegs-Hardliner wollen Schlag gegen Iran. Eskalationsstufe Rot.

Am Wochenende wurden im Nordosten Jordanien an der Grenze zu Syrien bei einem Drohnenangriff auf ein militärisches Logistikzentrum drei US-Soldaten getötet. 34 wurden zudem verwundet.

Vergeltung

Der Anschlag hat heftige Reaktionen in Washington hervorgerufen. US-Präsident Joe Biden kündigte an, die Angreifer zur Rechenschaft zu ziehen.

Wir sind noch dabei, die Fakten dieses Anschlags zu sammeln, aber wir wissen, dass er von radikalen, vom Iran unterstützten militanten Gruppen verübt wurde, die in Syrien und im Irak operieren.

Biden fuhr fort: "Wir werden im Kampf gegen den Terrorismus nicht nachlassen. Und niemand sollte daran zweifeln – wir werden alle Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, zu einem Zeitpunkt und in einer Weise, die wir bestimmen."

USA längst im regionalen Krieg

Das US-Militär liefert sich schon seit mehreren Jahren kleinere Gefechte mit Kämpfern im Irak und in Syrien, die vom Iran unterstützt werden.

Aber erst nach den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober und dem anschließenden israelischen Krieg im Gazastreifen nahm ihre Zahl zu – auf über 130. Die meisten Raketen und Drohnen wurden vom US-Militär abgefangen. Bei den bisherigen Auseinandersetzungen gab es auch nur wenige Verletzte.

Das hat sich nun geändert. Colin Clarke, Senior Research Fellow bei der Soufan-Gruppe, einer internationalen Beratungsorganisation in Fragen globaler Sicherheit, sagte gegenüber Al Jazeera, dass diese Anschläge zeigen, dass ein "regionaler Krieg" stattfindet.

Das lässt sich nicht leugnen. US-Soldaten wurden getötet, und die USA werden entschlossen reagieren, sei es im Iran selbst oder gegen die iranischen Stellvertreter in den verschiedenen Ländern, in denen sie operieren.

Iran: Keine Verbindung zu Angriff

In einer von der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA am frühen Montag veröffentlichten Erklärung bestritt die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen jegliche Beteiligung Teherans an dem Anschlag.

"Der Iran besitzt keine Verbindung dazu und hat nichts mit dem Angriff auf den US-Stützpunkt zu tun", so heißt es in der Erklärung, und weiter: "Es gibt einen Konflikt zwischen den US-Streitkräften und Widerstandsgruppen in der Region, die mit Vergeltungsangriffen erwidern."

Der Islamische Widerstand, der sich zu dem Angriff bekannte und vom Iran unterstützt wird, veröffentlichte eine Erklärung, in der es heißt:

Wie wir bereits gesagt haben, wird es zu Eskalationen kommen, wenn die USA Israel weiterhin unterstützen. Alle US-Interessen in der Region sind legitime Ziele, und wir scheren uns nicht um die Drohungen der USA, darauf zu reagieren, wir wissen, in welche Richtung wir gehen, und der Märtyrertod ist unser Preis.

Hardliner haben Oberwasser

Charles Lister, Senior Fellow am Middle East Institute und langjähriger Syrien-Experte, sagte: "Das ist eine enorme Eskalation und das, was alle befürchtet haben". Er fügte hinzu:

Wenn es keine wirklich entschlossene Antwort darauf gibt, werden sich die Islamischen Revolutionsgarden völlig ermutigt fühlen. Es ist der 180. Angriff seit dem 18. Oktober – wir müssen darauf reagieren, denn es ist ein entscheidender Wendepunkt.

In den USA fordern eine ganze Reihe von Kriegs-Hardliner im Kongress sowohl aus den Reihen der Republikaner wie der Demokraten die Biden-Regierung auf, mit direkten Angriffen auf den Iran zu reagieren, obwohl Teheran eine Verbindung zu den Attacken zurückgewiesen hat.

Der nicht beabsichtigte Krieg

United Against Nuclear Iran, eine Gruppe rund um den ehemaligen US-Senator Joseph Liebermann, stellte klar:

Die USA sollten die militärischen und geheimdienstlichen Ziele der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) im Iran angreifen und zerstören, ebenso wie die Raketen- und Drohnenbasen, in denen die Stellvertreter des iranischen Regimes ausgebildet werden.

Obwohl die USA längst ihre Luftangriffe in Syrien und im Irak intensiviert und vom Kongress nicht autorisierte Angriffe im Jemen durchführen in Reaktion auf die Huthi-Schläge gegen Schiffe im Roten Meer, besteht das Pentagon weiter darauf, dass die Vereinigten Staaten "sich im Nahen Osten nicht im Krieg befinden".

Biden wird den Weg der Eskalation gehen

Und trotz der Erklärungen vonseiten der USA und des Iran seit Ausbruch des Gaza-Kriegs, einen größeren regionalen Krieg vermeiden zu wollen, stehen die Biden-Regierung und Teheran nun kurz vor dem direkten Krieg, während der Konflikt sich längst regionalisiert hat.

Vor diesem Szenario hatten Analysten schon früh gewarnt (wir haben auf Telepolis regelmäßig darüber berichtet), indem die Eskalationsdynamik von Angriff und Vergeltung zu einem ausgeweiteten Krieg im Nahen Osten führen kann, auch wenn keiner der Akteure das eigentlich anstrebt.

Der Präsident des Quincy Institute und renommierter Kenner des Nahen Ostens, Trita Parsi, erklärte:

Es wird erwartbar Rufe nach Rache und Gegenangriffen geben. Biden wird mit ziemlicher Sicherheit diesen Weg einschlagen. Man sollte bedenken, dass Amerika auf diese Weise in einen endlosen Krieg hineingezogen wird. Vergeltungsmaßnahmen, die im Moment durch die inakzeptablen Angriffe dieser Milizen als gerechtfertigt erscheinen, bringen uns auf den Weg zu einem Krieg, der nicht unseren Interessen dient und den wir uns nicht leisten können – einen Krieg, dessen Sieg wir nicht definieren und dessen Ausgang wir nicht vorhersehen können.

Außer Kontrolle

Progressive Abgeordnete in den USA und Kritiker der US-Präsenz in der Region betonen, dass die Situation durch weitere Gewalt verschärft werde. Zudem verweisen sie darauf, dass nur ein Waffenstillstand in Gaza den eskalierenden Konflikt dauerhaft beruhigen und stabilisieren könne.

So sagte die demokratische Abgeordnete Barbara Lee von Kalifornien: "Wie ich befürchtet habe, gerät die Gewalt außer Kontrolle. Präsident Biden muss jetzt einen Waffenstillstand im Gazastreifen fordern."

Jamal Abdi, Präsident des National Iranian American Council, schließt sich dieser Forderungen an.

Das Wichtigste, was Biden tun kann, um weitere Tote in der Region zu verhindern und einen vollen Krieg zu vermeiden, ist ein sofortiger Waffenstillstand zwischen Israel und Palästina.

Abzug der US-Truppen

Parsi verlangt neben einem Gaza-Waffenstillstand zudem den Abzug der US-Truppen aus dem Irak und Syrien. Die Biden-Regierung hatte in letzter Zeit Signale ausgesendet, dass man bereit sei, die 900 US-Soldaten in Syrien und die 2.500 im Irak zurückzuholen. Doch das wird nun erst mal kein Thema mehr sein.

Die US-Truppen dort sind leicht erreichbare Ziele für Milizen und andere Gruppen, die gegen die USA vorgehen wollten. Der pensionierte US-Oberstleutnant Daniel Davis erinnert nach dem Drohnenschlag vom Wochenende und der daran anschließenden Forderung, den Iran anzugreifen, an seine Warnungen:

Ich habe mich immer wieder deutlich dafür eingesetzt, dass wir diese Truppen anderswo im Nahen Osten stationieren, wo sie nicht so verwundbar und ein leichtes Ziel für den Iran sind. Jetzt ist das, wovor ich gewarnt habe, eingetreten, und alle wollen einen großen Schlag gegen den Iran selbst führen, was die Situation nur weiter anheizen wird. Fast niemand denkt darüber nach, was als Nächstes kommt.