Warum Migranten in Deutschland oft weniger verdienen

(Bild: Dusan Petkovic / Shutterstock.com)
Woran liegt es, dass Eingewanderte in Deutschland und anderen Ländern meist geringere Löhne erhalten als Einheimische? Eine internationale Studie liefert nun Antworten.
Eingewanderte verdienen in Deutschland im Schnitt fast 20 Prozent weniger als Menschen ohne Migrationshintergrund. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue internationale Studie, die Daten von 13,5 Millionen Arbeitnehmern in neun Ländern analysiert hat. Doch woran liegt diese Lohnlücke?
Die Forscher kommen zu einer klaren Erkenntnis: "Bei der Integration geht es nicht nur um gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Es geht vor allem darum, strukturelle Zugangsbarrieren in gut bezahlte Beschäftigungsbereiche abzubauen", erklärt Malte Reichelt vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), einer der Autoren der Studie.
Etwa drei Viertel des Lohnunterschieds lassen sich darauf zurückführen, dass Migranten seltener in hoch bezahlten Branchen, Berufen oder Positionen beschäftigt sind. Nur etwa ein Viertel ergibt sich aus ungleicher Bezahlung innerhalb desselben Unternehmens und derselben Position.
Sprachbarrieren und fehlende Netzwerke als Hürden
Doch warum haben es Eingewanderte schwerer, in Spitzenjobs zu gelangen? Die Studie nennt dafür mehrere Gründe:
Erstens erschweren oft noch fehlende Sprachkenntnisse den Zugang zu anspruchsvollen oder kundenorientierten Tätigkeiten. Zweitens werden im Ausland erworbene Abschlüsse und Qualifikationen nicht immer anerkannt.
Drittens fehlt es vielen Migranten an beruflichen Netzwerken, über die gute Stellen häufig vergeben werden. Auch mangelnde Kenntnisse des lokalen Arbeitsmarkts und mögliche Diskriminierung bei Einstellungen spielen eine Rolle.
Die Lohnlücke zwischen Migranten und Einheimischen ist dabei kein rein deutsches Phänomen. Über alle neun untersuchten Länder hinweg verdienten Eingewanderte im Schnitt fast 18 Prozent weniger.
Die größten Unterschiede gab es in Spanien mit über 29 Prozent und Kanada mit 27,5 Prozent. Aber auch in Norwegen, Frankreich und den Niederlanden lagen die Differenzen zwischen 15 und 20 Prozent. Lediglich in den USA, Dänemark und Schweden fielen sie mit sieben bis elf Prozent geringer aus.
Zweite Generation holt deutlich auf
Der Blick auf die zweite Generation macht Hoffnung, also auf die Kinder von Einwanderern. Sie verdienen im Schnitt nur noch 5,7 Prozent weniger als Menschen ohne Migrationshintergrund.
"Die zweite Generation ist besser in das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt integriert", erläutert Reichelt. Durch bessere Sprachkenntnisse, inländische Abschlüsse, mehr Systemwissen und weniger strukturelle Hürden gelingt ihnen häufiger der Sprung in besser bezahlte Jobs. Ein Zeichen für erfolgreiche Integration über Generationen hinweg.
Um die Lohnlücke weiter zu schließen, empfehlen die Forscher gezielte Maßnahmen wie Sprachförderung, bessere Anerkennung ausländischer Abschlüsse, den Ausbau beruflicher Netzwerke für Migranten und Programme gegen Benachteiligung bei Einstellungen und Beförderungen.
"Gezielte Maßnahmen sind wichtig, um strukturelle Barrieren abzubauen", betont IAB-Experte Reichelt. Dann könnten Migranten ihr volles Potenzial entfalten – zum Vorteil für sie selbst und die gesamte Wirtschaft.