Der Wels-Krimi vom Brombachsee: Wie ein Fischvater zum Staatsfeind wurde

(Bild: Podolnaya Elena / Shutterstock.com)
- Der Wels-Krimi vom Brombachsee: Wie ein Fischvater zum Staatsfeind wurde
- Der zweite Wilhelm: Die Farce wiederholt sich
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Der Satiriker George Bernard Shaw hätte seine helle Freude an dem Trauerspiel in Bayern gehabt. Denn was folgte, war ein Paradebeispiel menschlicher Unvernunft.
Die folgenden Zeilen entstammen nicht der Feder des historischen George Bernard Shaw, sondern sind das Werk unseres Klassiker-Bots, den wir gebeten haben, den großen irischen Satiriker in der Causa "Wels vom Brombachsee" auftreten zu lassen.
Shaw, der Meister des gesellschaftskritischen Pamphlets, hätte zweifellos seine helle Freude an diesem bayerischen Trauerspiel gehabt – einer Geschichte, die so perfekt die Absurditäten unserer Zeit illustriert, dass sie wie für seine Feder geschaffen scheint.
Der Fall des erschossenen Welses mag auf den ersten Blick wie eine lokale Kuriosität wirken, doch er offenbart bei näherer Betrachtung fundamentale Probleme unserer Gesellschaft: Wie gehen wir mit Konflikten um, die durch unser eigenes Handeln entstanden sind? Wie schnell greifen wir zu drastischen "Lösungen", ohne die Ursachen zu hinterfragen? Und wie leicht machen wir aus Opfern unserer Kurzsichtigkeit die Schuldigen?
Die Wels-Attacken am Brombachsee sind ein Lehrstück über moderne Problemlösungsstrategien: Erst schaffen wir durch Eingriffe in die Natur (gesunkener Wasserstand) ein Problem, dann reagieren wir mit Gewalt auf die Folgen unseres Handelns, und schließlich rechtfertigen wir diese Gewalt mit der "öffentlichen Sicherheit". Ein Muster, das sich leider nicht nur bei Fischkonflikten beobachten lässt.
Shaw hätte in dieser Geschichte ein perfektes Beispiel für jene menschliche Hybris gesehen, die er zeitlebens geißelte: die Unfähigkeit, über den eigenen Tellerrand zu blicken, gepaart mit der Selbstgerechtigkeit derer, die ihre Probleme mit der Brechstange lösen. Die folgende Satire ist daher nicht nur eine Hommage an den großen Gesellschaftskritiker, sondern auch ein Spiegel unserer Zeit – manchmal übertrieben, oft sarkastisch, aber immer mit dem ernsten Kern der Frage: Können wir es nicht besser?
Der Wels-Skandal: Eine vollständige Anatomie der Absurdität
Oder: Wie Bayern der Welt eine Meisterklasse in angewandter Unvernunft erteilte
Nach der Art George Bernard Shaws – Erweiterte Fassung mit dem wahren Ausmaß der Tragödie
Meine geschätzten Zeitgenossen,
es ist mir eine diebische Freude, Ihnen heute die vollständige Geschichte eines Ereignisses zu präsentieren, das so perfekt die Verkehrtheit unserer Zeit illustriert, dass selbst ich – ein Mann, der sein Leben damit verbracht hat, menschliche Torheiten zu sammeln wie andere Briefmarken – vor Bewunderung erstarrt bin. Der Fall des Wilhelm Wels vom Brombachsee ist ein derart vollendetes Lehrstück über die Perversität der modernen Zivilisation, dass ich versucht bin zu glauben, das Schicksal habe es eigens zu meiner Unterhaltung inszeniert.
Doch wie ich nun erfahre, war die Geschichte noch nicht vollständig erzählt. Das wahre Ausmaß dieser Tragödie übertrifft sogar meine kühnsten Erwartungen an menschliche Kurzsichtigkeit.
Erster Akt: Die Bühne wird bereitet
Beginnen wir mit den Protagonisten dieses Dramas. Da haben wir zunächst Wilhelm – einen respektablen Wels von zwei Metern Länge und neunzig Kilogramm Gewicht, der seit Jahren als gesetzestreuer Bürger des Brombachsees gelebt hatte. Ein Familienvater in den besten Jahren, könnte man sagen, mit dem natürlichen Wunsch, seine Linie fortzusetzen.
Und hier müssen wir einen Moment innehalten, um die besondere Poesie der Wels-Familienstruktur zu würdigen. Bei Welsen ist es der Vater – nicht die Mutter! – der die Eier bewacht, der die Jungen beschützt, der sein Leben für den Nachwuchs riskiert. Wilhelm war also nicht nur irgendein territorialer Fisch, sondern ein werdender Vater von der fürsorglichsten Sorte, die die Natur hervorgebracht hat.
Die Bühne selbst – der Brombachsee – war durch menschliche Eingriffe in einen Zustand versetzt worden, der Wilhelms natürliche Lebensweise erheblich erschwerte. Der Wasserstand war gesunken, die traditionellen Laichplätze am Ufer waren unbrauchbar geworden. Hier haben wir bereits das erste Element der Tragödie: Der Mensch schafft ein Problem und wundert sich dann über die Konsequenzen.
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Zweiter Akt: Die Verwicklung
Wilhelm, konfrontiert mit der Unmöglichkeit, seine Vaterpflicht auf herkömmliche Weise zu erfüllen, tat das, was jeder vernünftige Mensch in seiner Lage getan hätte: Er improvisierte. Mit der Weisheit von Jahrmillionen der Evolution ausgestattet, suchte er sich den besten verfügbaren Platz für sein Gelege – unter einer Badeplattform.
Hier müssen wir einen Moment innehalten und die exquisite Ironie der Situation würdigen. Wilhelm wählte ausgerechnet jenen Ort, der ihm die größten Probleme bereiten sollte. Es ist, als hätte das Schicksal beschlossen, eine Farce zu inszenieren, bei der alle Beteiligten ihre Rollen mit tödlichem Ernst spielen.
Wilhelm richtete sein Nest ein, seine Partnerin legte die Eier ab, und er übernahm die Wache. Ein vorbildlicher Vater, der Tag und Nacht bei seinem Gelege blieb, es mit frischem Wasser versorgte, es gegen Eindringlinge verteidigte. Bei Welsen ist diese Brutpflege nicht optional – sie ist überlebenswichtig. Ohne den beschützenden Vater sterben die Eier oder Jungfische unweigerlich ab.
Dritter Akt: Der Konflikt entbrennt
Nun betreten die Badegäste die Bühne. Ahnungslose Menschen, die nichts anderes wollten, als sich an einem warmen Sommertag zu erfrischen. Sie sprangen ins Wasser, schwammen zu den Plattformen und – oh, welch unerhörte Frechheit! – drangen in Wilhelms Kinderzimmer ein.
Wilhelms Reaktion war die eines jeden zivilisierten Wesens: Er bat die Eindringlinge höflich, aber bestimmt, sein Eigentum zu verlassen. Leider sprach Wilhelm nur Welsch, und seine Höflichkeitsformen bestanden aus dem, was Ichthyologen als "defensive Bisse" bezeichnen – sanfte Zwickereien mit seinen Bürstenzähnen, die etwa so gefährlich sind wie ein Katzenkratzer.
Am 20. Juni ereignete sich der erste "Zwischenfall". Fünf Badegäste erhielten leichte Schürfwunden – Verletzungen, die normalerweise nicht einmal ein Pflaster erfordern. Die Reaktion der Behörden war von einer Promptheit und Entschlossenheit, die man sich bei der Lösung wirklicher Probleme wünschen würde: Wilhelm wurde zum Staatsfeind erklärt.
Vierter Akt: Die "Endlösung" und ihre wahren Opfer
Die Polizei, jene Institution, deren Aufgabe es ist, Leben und Eigentum zu schützen, traf eine Entscheidung von salomonischer Weisheit: Sie beschloss, Wilhelm zu erschießen. Die Begründung war von bestechender Logik: Ein Musikfestival stand bevor, Tausende von Besuchern wurden erwartet, und man konnte nicht riskieren, dass jemand in Panik geriet und ertrank.
Ein Polizeibeamter zog seine Dienstwaffe und feuerte auf Wilhelm. Der fürsorgliche Vater starb, aber – und hier erreicht unsere Tragödie eine neue Dimension der Absurdität – er starb nicht allein.
Denn was die Behörden in ihrer unendlichen Weisheit übersehen hatten, war ein kleines Detail der Wels-Biologie: Bei dieser Spezies ist die Brutpflege des Männchens nicht nur hilfreich, sondern absolut überlebenswichtig. Die Eier und Jungfische sind vollständig auf den beschützenden Vater angewiesen. Ohne ihn sterben sie unweigerlich ab.
Mit einem einzigen Schuss hatte die bayerische Polizei also nicht nur Wilhelm getötet, sondern auch seine gesamte Nachkommenschaft – Dutzende, vielleicht Hunderte von unschuldigen Wels-Kindern, die nun langsam und qualvoll in ihrem verlassenen Nest zugrunde gingen.
Fünfter Akt: Das groteske Nachspiel
Aber die Geschichte endet nicht mit diesem Massaker – oh nein! Das wäre zu einfach, zu direkt, zu wenig absurd für unsere Zeit. Wilhelm, der eben noch als "gefährliches Raubtier" galt, wurde über Nacht zur Delikatesse. Ein örtlicher Gastwirt zerlegte den 90-Kilogramm-Fisch in 120 Portionen und bot ihn als Spezialität an.
Welch köstliche Ironie! Der "Terrorist" wird zum Gourmet-Erlebnis. Der "Staatsfeind" landet auf dem Teller. Während seine Kinder in ihrem verlassenen Nest starben, wurde ihr Vater von den gleichen Menschen verspeist, die ihn getötet hatten. Man könnte meinen, die Bayern hätten beschlossen, ihre Probleme buchstäblich aufzufressen – eine Problemlösungsstrategie, die durchaus ihre Vorzüge hat, auch wenn sie etwas primitiv anmutet.