Der Krieg im Sudan und der Niedergang der US-Hegemonie

Wenig Hoffnung auf ein Schweigen der Waffen, als 2018 die Kämpfe im Südsudan vor den Friedensgesprächen in Addis Abeba, Äthiopien, wieder zunahmen. Bild: UNMISS / CC BY-NC-ND 2.0

Der Kampf in Afrika ist auch ein globaler Machtkampf. Die Stellvertreter ordnen die Geschichte der westlichen Vorherrschaft in zentralen Regionen neu. Was China macht, ist entscheidend.

Die Welt ist im Umbruch. In der Tat ist sie einem seismischen Wandel unterworfen, der dem russisch-ukrainischen Krieg und den jüngsten amerikanisch-chinesischen Spannungen in der Straße von Taiwan lange vorausging.

Das US-Debakel im Irak und im Nahen Osten sowie der demütigende Rückzug aus Afghanistan waren nur Anzeichen für den Niedergang der US-Macht.

Führende neokonservative Strategen der USA argumentierten einst in "Rebuilding America's Defenses: Strategy, Forces, and Resources For a New Century" (Neuaufbau der US-Verteidigung: Strategie, Streitkräfte und Ressourcen für ein neues Jahrhundert), dass eine aggressive Interventionspolitik dazu dienen sollte, aufstrebende Großmächte wie China aus Gebieten fernzuhalten, die zu den geopolitischen Domänen der Vereinigten Staaten zählen. Sie müsse darauf abzielen, "die globale Führungsposition (der USA) zu bewahren und auszubauen, indem sie die Vormachtstellung des US-Militärs aufrechterhält".

Die Neocons sind gescheitert, und die Zukunft scheint in eine andere Richtung zu gehen als die, die sich Dick Cheney, John Bolton, Richard Perle und Paul Wolfowitz erhofft hatten.

Stattdessen zeichnet sich eine völlig neue Weltordnung ab, die sich kaum wie früher um die Prioritäten des US-geführten Westens dreht.

Was sich seit dem Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine im Februar 2022 und dem provokativen Besuch der damaligen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taipeh im August desselben Jahres ereignet hat, ist eine Beschleunigung einer bereits bestehenden Dynamik globaler Veränderungen, die von der Entstehung neuer wirtschaftlicher Allianzen über geopolitische Formationen bis hin zu Revierkämpfen und konkurrierenden politischen Diskursen reicht.

Diese Veränderungen sind derzeit im Nahen Osten, in Afrika und in weiten Teilen des Globalen Südens in vollem Umfang zu beobachten.

Die Entwicklung ist zwar insofern positiv zu bewerten, da eine bipolare bzw. multipolare Welt den Ländern, die unter der Ausbeutung und Gewalt der USA und des Westens zu leiden hatten, Alternativen anbieten kann. Aber es kann - und wird - auch negative Aspekte mit sich bringen.

Mehr als nur ein Machtkampf

Obwohl der derzeitige Krieg im Sudan als Machtkampf zwischen zwei rivalisierenden Generälen oder, genauer gesagt, korrupten Kriegsherren, General Abdel Fattah al-Burhan und General Mohamed Hamdan Dagalo oder Hemedti, verstanden wird, ist er teilweise auch das Ergebnis eines regionalen und zunehmend auch globalen Machtkampfes. Die regionale und globale Dimension des Konflikts im Sudan ist selbst ein Ausdruck der sich verändernden Weltordnung und des intensiven Kampfes um Ressourcen und kritische Gebiete.

Der Sudan ist eines der rohstoffreichsten Länder Afrikas, von denen ein großer Teil aufgrund der vielschichtigen Konflikte im Land ungenutzt bleibt, angefangen im Süden – was zur Abspaltung der Republik Südsudan geführt hat – über den Westen, namentlich Darfur, bis hin zu den anderen Regionen.

Auch der Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd und die Krise in Darfur wurden von außen genährt und verlängert, sei es von Sudans eigenen Nachbarn oder globalen Mächten. In all diesen Fällen war das Ergebnis in Bezug auf die menschlichen und materiellen Verluste leider entsetzlich.

Der Sudan war jedoch kein Einzelfall. Stellvertreterkriege im Globalen Süden waren eines der Hauptmerkmale des Kalten Krieges zwischen Washington und Moskau, bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion von 1989 bis 1992. Die Auflösung der UdSSR führte jedoch nur zu einer Verschärfung der Gewalt, diesmal vor allem durch von den USA geführte oder unterstützte Kriege im Nahen Osten, Afrika und Asien.

Jetzt, da die globale Rivalität wieder aufflammt, gibt es erneut globale Konflikte, insbesondere in ressourcenreichen und strategischen Regionen ohne klare politische Zugehörigkeit.

Der Sudan wird nicht der letzte derartige Konflikt sein.

Was die Lage im Sudan jetzt noch komplizierter macht, ist die Beteiligung anderer regionaler Akteure, die jeweils eigene Interessen verfolgen und sich die schnell schwindende Führungsrolle der USA zunutze machen, die bis vor Kurzem der wichtigste politische und militärische Hegemon im Nahen Osten waren.

Die gegenwärtigen Verschiebungen in den Machtverhältnissen im Nahen Osten - wie in anderen Teilen der Welt – sind auch im historischen, nicht nur im aktuellen politischen Kontext von Bedeutung.

Zurückgesetzte Geschichte

Seit der Unterzeichnung des Sykes-Picot-Abkommens im Jahr 1916 zwischen den alten Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien – mit einer geringfügigen, aber immer noch wichtigen Beteiligung des zaristischen Russlands – waren der Nahe Osten und Nordafrika zusammen mit Zentralasien in verschiedene Einflusssphären aufgeteilt. Die globalen Prioritäten waren damals hauptsächlich die des Westens.

Die bolschewistische Revolution von 1917 war ein Wendepunkt in der Weltgeschichte, da sie den Keim für die Möglichkeit eines neuen globalen Blocks legte, der mit der westlichen Vorherrschaft konkurrieren sollte.

Es dauerte Jahrzehnte, bis sich dieser neue Block herausbildete. Im Jahr 1955 wurde der Warschauer Pakt geboren, der die Sowjetunion und ihre Verbündeten gegen die Nordatlantikpakt-Organisation (Nato) – ein westliches Militärbündnis, das sechs Jahre zuvor das Licht der Welt erblickt hatte – vereinte.

Die Rivalität zwischen den beiden Lagern drückte sich in einem erbitterten wirtschaftlichen Wettbewerb, einem politischen Kalten Krieg, einem militärischen Konflikt niederen Grades, Stellvertreterkriegen und zwei eindeutig ideologischen Diskursen aus, die unser Verständnis der Weltpolitik für einen Großteil des 20. Jahrhunderts definierte.

All dies fand Anfang der 1990er-Jahre ein bitteres Ende. Die Nato siegte, während der Warschauer Pakt zusammen mit der UdSSR rasch und auf höchst demütigende Weise zerfiel. Es war "das Ende der Geschichte", erklärte Francis Fukuyama.

Das Zeitalter des westlichen Triumphalismus begann und damit fanden weitere Kolonialkriege statt, zunächst in Panama, dann im Irak, in Serbien, in Afghanistan, erneut im Irak und anderswo.

China spielte bei all dem eine Rolle, zwar noch nicht als wichtiger weltpolitischer Akteur, aber als würdiger Gegner und geschätzter Verbündeter. Der historische Besuch von US-Präsident Richard Nixon in Beijing im Jahr 1972 vereitelte die Bemühungen, den Osten gegen den westlichen Imperialismus, angeführt von den Vereinigten Staaten, zu vereinen.

Diese Reise, die nach Einschätzung des damaligen Botschafters Nicholas Platt "die Welt verändert" haben soll, war tatsächlich folgenreich. Sie war der Anfang vom Ende der Sowjetunion, denn sie verschaffte Washington einen massiven Vorteil und strategischen Auftrieb gegenüber seinen Rivalen.

Doch die Geschichte kehrt sich nun auf eine Weise um, die nur wenige Geopolitiker vorhersehen konnten.

Die neuen Mächte

Der Weg, der vor uns liegt, ist nicht ganz klar. Aber zahlreiche Anzeichen, begleitet von spürbaren Veränderungen, deuten darauf hin, dass sich die Welt wandelt. In einigen Regionen ist diese Metamorphose jedoch deutlicher zu erkennen als in anderen.

Das geopolitische Tauziehen zwischen alten und neuen globalen Rivalen ist am deutlichsten im Nahen Osten und in Afrika zu beobachten, aber natürlich auch in Südamerika, Ostasien und im pazifischen Raum. In jeder dieser Regionen kommt es zu einer Neuordnung der Machtverhältnisse und der Dynamik.

Im Nahen Osten beispielsweise scheint der Iran aus seiner vom Westen auferlegten Isolation auszubrechen, während Saudi-Arabien seinen alten Status als Satellitenstaat infrage stellt.

Der letztgenannte Schritt ist für Washington besonders beunruhigend, da er zwei Schichten westlicher Vorherrschaft im Nahen Osten herausfordert: Die eine, die auf das Sykes-Picot-Abkommen von 1916 zurückgeht und die Region in Teilregionen unter westlichem "Schutz" und Einfluss aufteilte, und die andere, die aus der US-Nato-Invasion im Irak resultiert.

Mit massivem politischem Einfluss, einer ständig wachsenden Militärpräsenz und einer waffenfähigen US-Währung hatte Washington den Nahen Osten viele Jahre lang ohne ernsthafte Konkurrenz beherrscht. Das ist nun nicht mehr der Fall.

Seit Jahren erheben Russland und China Ansprüche in der Region, allerdings mit Mechanismen, die sich vom westlichen Stil des alten Kolonialismus und Neokolonialismus gänzlich unterscheiden. Während die Russen auf ihre lange sowjetische Tradition der Zusammenarbeit zurückgreifen, agieren die Chinesen vor dem Hintergrund einer langen Geschichte des freundschaftlichen Handels und des kulturellen Austauschs.

Jetzt, da Beijing einen offeneren und kompromisslosen Ansatz in der Außenpolitik verfolgen, wird Chinas Status als neue Supermacht seine Effektivität im Nahen Osten in nie dagewesener Weise unter Beweis stellen. In der Tat hat es das bereits getan.

Das jüngste Abkommen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien war ein großer Erfolg für das neue, politisch orientierte China, aber der Weg, der vor ihm liegt, ist immer noch sehr schwierig, da die Region voller Wettbewerber und alter und neuer Konflikte ist. Wenn China erfolgreich sein will, muss es sich als neues und besseres Modell präsentieren, das im Gegensatz zur westlichen Ausbeutung und Gewalt steht.

Doch China hat nicht alle Trümpfe in der Hand, denn die USA und ihre westlichen und regionalen Verbündeten üben nach wie vor erheblichen Einfluss aus. Die Vereinigten Arabischen Emirate beispielsweise entwickeln sich zu einem mächtigen Akteur im aktuellen Krieg im Sudan.

Sicher ist, dass die Folgen des derzeitigen Kampfes um Ressourcen, Einfluss und Vorherrschaft wahrscheinlich zu kleineren, wenn auch blutigen Konflikten führen werden, insbesondere in Ländern, die politisch und sozial instabil sind. Der Sudan fällt genau in diese Kategorie, was den derzeitigen Krieg dort besonders alarmierend macht.

Obwohl schon viel über das Gold, das landwirtschaftliche Potenzial und den enormen Rohstoffreichtum des Sudans gesagt und geschrieben wurde, ist der Kampf um den Sudan durch externe Kräfte aufgrund der einzigartigen geopolitischen Lage des Landes im Wesentlichen ein Revierkampf.

Ägypten, Äthiopien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Israel und andere sind allesamt daran interessiert, aus diesem Krieg als Sieger hervorzugehen. Russland beobachtet die Situation von seinen verschiedenen afrikanischen Stützpunkten aus genau.

Die USA, Großbritannien und Frankreich fürchten die schlimmen Folgen eines direkten Eingreifens und den ebenso kostspieligen Preis eines Nicht-Eingreifens. China ist noch dabei, die Herausforderungen und Möglichkeiten zu bewerten.

Der Ausgang des blutigen Krieges im Sudan wird wahrscheinlich nicht nur das politische Gleichgewicht im Sudan selbst, sondern auch die Machtverhältnisse in der gesamten Region neu definieren.