Undercover-Recruiter auf dem Chaos Communication Congress

Wie verführbar sind Hacker?

Am Ende des bis dahin rundum gelungenen 30.Chaos Communication Congresses in Hamburg kam es zum Eklat: So wurde ein Redner gewaltsam von einem bekannten Hacker von der Bühne geworfen, weil er eine unsägliche Rede für die Firma „Security Solutions Ltd.“ hielt. Recruiter der Firma, die auch für den Staat proaktive Schnüffel-Lösungen maßschneidert, hatten auf dem Hacker-Kongress in professioneller Manier nach Talenten Ausschau gehalten. So wurden die meist männlichen IT-Experten zunächst von weiblichem Personal angesprochen und zu Bewerbungsgesprächen ins Nebenzimmer gebeten. In den USA, wo sogar der NSA-Chef persönlich nach Personal sucht, sind solche Anwerbungsgespräche auf vergleichbaren Veranstaltungen üblich, auf der diesjährigen OHM in den Niederlanden war eine entsprechende Firma sogar als Sponsor akzeptiert worden, was den Veranstaltern insbesondere aus der deutschen Hacker-Community heftige Kritik und eine Art Boykott einbrachte.

Doch der Redner, der ausgepfiffen und handgreiflich von der Bühne geräumt wurde, und die restlichen Werber waren in Wirklichkeit vom CCC angeheuerte Schauspieler, die mit den Besuchern über vier Tage hinweg ein soziologisches Experiment durchführten. Ähnlich, wie große Unternehmen mit Mystery-Shoppern arbeiten und Geheimdienste ihr Personal undercover auf Zuverlässigkeit testen, wollte der CCC herausfinden, wie moralisch gefestigt denn die deutsche Hacker-Community ist. Von den insgesamt 500 angesprochenen IT-Experten ließen sich gerade einmal zwei zum Unterschreiben einer in dieser Branche üblichen Geheimhaltungsvereinbarung bewegen. Selbst diese beiden behaupten, dass sie herausfinden wollten, was die Sache auf sich habe. Die Recruiter wären beinahe von nicht eingeweihten Hackern vorzeitig des Hauses verwiesen worden. Das Schiksal des schließlich von der Bühne geworfenen Redners ist nicht bekannt ...

Wie man aus Stellenanzeigen und Auftragsvergaben folgern kann, haben es Staatssicherheitsbehörden schwer, in der deutschen Community IT-Spezialisten zu finden, die solche Arbeitgeber akzeptieren. Diesen Eindruck bestätigte das aufwändige Experiment auf dem mit über 9.000 Teilnehmern wohl bedeutendsten Event der Szene, das allerdings eher kritische Hacker anspricht als solche, die bei ihren Arbeitgebern nicht allzu wählerisch sind. Während man in Deutschland nach mindestens zwei, eigentlich aber drei Überwachungsstaaten für das Thema offenbar sensibilisiert ist, sieht die Realität der NSA leider anders aus.