45 überzeugte schwangere Jungfrauen

Thomas Pany

Eine US-Studie zeigt, wie umsichtig sozialwissenschaftliche Untersuchungen vorgehen müssen, wenn ihre Ergebnisse nicht von ideologischem Bias verzerrt werden sollen

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Schwanger ohne Geschlechtsverkehr? Geht schon – und zwar ohne technische Assistenz von Reproduktionsmedizinern: Von 5.430 amerikanischen Frauen, die schwanger waren, gaben 45 (0,8 Prozent) an, dass es sich um eine "jungfräuliche Schwangerschaft" handelt, ist in den Ergebnissen einer Datenanalyse zu lesen, die sich eine frühere Längsschnittstudie genauer ansah.

"Zuerst dachten wir, das wäre in Fehler. Doch es blieb dabei: Eine von 200 Schwangerschaften entstand ohne Intimkontakte", wird die federführende Wissenschaftlerin der Universität von North Carolina, die Biostatistik-Professorin Amy Hering vom ORF zitiert. Man sei überrascht gewesen, denn eigentlich wollte man anderes untersuchen.

Zur ursprünglichen Vorgabe, mehr über das Sexualleben von US-amerikanischen jungen Frauen erfahren zu wollen, passten die Aussagen allerdings schon. Der Focus der Studie wurde neu justiert, nun wollte man wissen, woher es kommt, dass die jungen Frauen diese Weihnachtsgeschichte auftischten, bzw. sich durch die sehr spezielle Geschichte des Rückgängigmachens früherer Sexualakte durch ein Keuschheits-Gelübde (vgl. "wiedergeborene Jungfrau" - "Born-Again Virgin") weiter als Jungfrau fühlten.

Herauskam, dass solche Aussagen häufig bei Frauen anzutreffen waren, die in einem Elternhaus aufwuchsen, das in der Erziehung viel Wert auf Keuschheit legten und auch entsprechende Gelübde einforderten. Dazu passt, dass Sexualaufklärung sowie Gespräche über Verhütung in den Familien wenig Platz fanden.

Auch ein weiterer Schluss, der das wissenschaftliche Arbeit selbst betrifft, wurde gezogen: Angaben, die über Befragungen zu heiklen Themen ermittelt werden, unterliegen bis zu einem gewissen Ausmaß der sogenannten Antworttendenz (responsive bias), einer Verzerrung der Wirklichkeit, um sie besser mit dem eigenen Weltbild bzw. dem Bild, das man nach außen vermitteln will, in Übereinstimmung zu bringen.