Osterweiterung: "Fehler von historischem Ausmaß"
Haltung zu Russland scheint auch eine Frage der Generationen zu sein
- Osterweiterung: "Fehler von historischem Ausmaß"
- Selbstbestimmung vs. Diplomatie
- War die Erweiterung der NATO eine bewusste Provokation?
- Haltung zu Russland scheint auch eine Frage der Generationen zu sein
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Das bemerkenswerteste Phänomen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise ist jedoch der Riss, der zwischen den Politiker-Generationen verläuft. Während inzwischen selbst die Grünen versuchen, sich mit Dämonisierungs-Rhetorik und Nibelungentreue gegenüber den NATO-Partnern zu profilieren, hört man aus den Reihen der Politrentner sämtlicher Parteien vollkommen andere Töne.
Alt-Außenminister Hans-Dietrich Genscher beispielsweise sagte im November 2014, dass "die mangelnde Sensibilität für die Interessen der Russen ein Fehler gewesen sei". Der "Stern" berichtete, dass Michail Gorbatschow, Henry Kissinger und Genscher eindringlich davor warnten, "die alten Gräben wieder aufzureißen." An anderer Stelle schrieb Kissinger:
Um zu überleben und sich zu entwickeln, darf die Ukraine Niemandes Vorposten sein. Vielmehr sollte sie eine Brücke zwischen beiden Seiten darstellen. … Dabei sollten wir uns um Versöhnung bemühen, und nicht um eine Dominanz einer der Fraktionen. … Die Dämonisierung von Wladimir Putin ist keine Politik. Sie ist ein Alibi für die Abwesenheit von Politik.
Henry Kissinger
Zu den Unterzeichnern des am 5. Dezember 2014 veröffentlichten Appells $(LEhttp://www.zeit.de/politik/2014-12/aufruf-russland-dialog: gehörten neben vielen Prominenten aus Kunst und Kultur eine illustre Schar von Politrentern: Roman Herzog, Antje Vollmer, Gerhard Schröder, Horst Teltschik, Erhard Eppler, Herta Däubler-Gmelin, Eberhard Diepgen, Otto Schily, Hans-Jochen Vogel, Lothar de Maiziére und Manfred Stolpe: "Wer nur Feindbilder aufbaut und mit einseitigen Schuldzuweisungen hantiert, verschärft die Spannungen." Auch bei diesem Statement ging es keineswegs darum, Putin von allen Vorwürfen reinzuwaschen, sondern allein um die Forderung danach, auf verbale Kraftmeierei zu verzichten und wieder zur Diplomatie zurückzukehren.
Selbst Helmut Kohl war offenbar $(LEhttp://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-konflikt-kohl-kritisiert-isolation-russlands-13243364.html:zutiefst beunruhigt über das Verhalten der westlichen Akteure: "Im Ergebnis müssen der Westen genauso wie Russland und die Ukraine aufpassen, dass wir nicht alles verspielen, was wir schon einmal erreicht hatten." Helmut Schmidt wiederum $(LEhttp://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-krise-helmut-schmidt-wirft-eu-groessenwahn-vor-a-969773.html:äußerte sich in Bezug auf die angestrebte Mitgliedschaft der Ukraine in der EU erheblich weniger diplomatisch:
Das ist Größenwahn, wir haben dort nichts zu suchen. … Sie stellen die Ukraine vor die scheinbare Wahl, sich zwischen West und Ost entscheiden zu müssen. … Ich halte nichts davon, einen dritten Weltkrieg herbeizureden, erst recht nicht von Forderungen nach mehr Geld für Rüstung der NATO. Aber die Gefahr, dass sich die Situation verschärft wie im August 1914, wächst von Tag zu Tag.
Helmut Schmidt
Offensichtlich halten viele dieser (leider inzwischen für immer verstummten) Persönlichkeiten die These von der Alleinschuld Russlands für korrekturbedürftig. Und sie sorgen sich um den Frieden in Europa. Genauso wie Millionen andere Menschen auch. So $(LEhttps://www.welt.de/politik/ausland/article174648662/WELT-Trend-Mehrheit-der-Deutschen-wuenscht-politische-Annaeherung-an-Russland.html:meldete die WELT am 17. März, dass sich immerhin 58 % der Deutschen eine Annäherung der Bundesrepublik an Russland wünschten. Diejenigen, die in solchen Fällen pauschal von "Putintrollen" sprechen, sollten einmal in sich gehen und sich fragen, ob das Bedürfnis nach Wahrheit und die Angst vor Krieg wirklich Gründe sind, um andere Menschen zu diffamieren. (Christoph Duwe)