Obama-Besuch: "Er kommt in Ihr Wohnviertel"

TTIP-Gespräche im Schloss

Nach seiner Landung und vor der Messeeröffnung wird Obama im neu aufgebauten Schloss an den Herrenhäuser Gärten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen. Dabei soll es vor allem um das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP gehen.

Der Garten und das Schloss gehören ebenfalls für drei Tage zu einem Sicherheitsbereich. Anwohner sind davon zwar deutlich weniger betroffen als im Zooviertel. Doch auch hier gibt es umfangreiche Halteverbotszonen, Straßensperrungen sowie Ausweis- und Fahrzeugkontrollen. Am Sonntag zwischen 12 und 24 Uhr dürfen die Anwohner in diesem Bereich keinen Besuch in ihren Wohnungen empfangen, die Straßenbahnen halten nicht an und selbst der Müll darf nicht herausgestellt werden.

Zu Obamas Besuch ist in Hannovers Innenstadt ein großes Plakat der Linken an einer Hausfassade zu sehen, das sich gegen TTIP wendet. Einen Tag vor der Ankunft des US-Präsidenten wird es eine große Demonstration gegen das geplante Freihandelsabkommen geben. Foto: Stefan Korinth

Nach der Messeeröffnung wird Obama zum Abendessen ins Schloss Herrenhausen zurückkehren. Dort soll es weitere Gespräche mit Merkel und mit Wirtschaftsvertretern aus den USA und Deutschland geben. Laut Messevorstand Jochen Köckler werde das "who is who" der US-Industrie erwartet. Dazu bringe Obama mit Anthony Foxx (Verkehr), Ernest Moniz (Energie) und Penny Pritzker (Handel) drei Minister seines Regierungskabinetts mit nach Hannover.

Für den folgenden Montag habe Angela Merkel zudem Frankreichs Präsident François Hollande sowie Großbritanniens Premierminister David Cameron und Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi ins Schloss Herrenhausen eingeladen. Die westlichen Staatsmänner und die Bundeskanzlerin wollten sich dann über "Fragen der internationalen Politik", darunter die Flüchtlingskrise und Terrorgefahren austauschen, teilte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz mit.

Obama will für USA und TTIP werben

Die USA sind erstmals Partnerland der Hannover-Messe. Obama wolle mit seinem Besuch in Hannover die Innovationskraft und den Erfindergeist der USA unterstreichen sowie neben TTIP für Investitionen in seinem Land werben. Wie die Auswahl des Partnerlandes in diesem Fall konkret zustande gekommen ist, erläuterte die Pressestelle der Hannover-Messe trotz Telepolis-Anfrage nicht. Ebenfalls unbeantwortet blieb damit die Frage, ob die mit dem Besuch verbundenen, absehbaren Einschränkungen für Bürger ein bedenkenswerter Aspekt für die Messeverantwortlichen waren.

In den vorangegangenen Jahren erschien immer das Staatsoberhaupt oder der Regierungschef des Gastlandes zur Messe-Eröffnung. Die Verantwortlichen konnten also durchaus mit Obamas Kommen kalkulieren. Die Messe selbst profitiert von diesem Marketing-Effekt: "Die Aufmerksamkeit war nie größer", sagte Messevorstand Jochen Köckler im Vorfeld. Kaum eine Messe habe je so im Fokus gestanden. "Es ist ein Gipfeltreffen, was es so auch nur ganz selten gegeben hat."

Deutlich größerer Aufwand als bei Putin

Sicher ist, dass es der größte Sicherheitsaufwand ist, der in der Messestadt jemals für eine einzelne Person betrieben wurde. Die polizeilichen Vorkehrungen gehen etwa weit über das Maß hinaus, als der russische Präsident Wladimir Putin die Hannover-Messe vor drei Jahren eröffnete. Putin habe damals sogar noch ein "Bad in der Menge" genommen, erinnerte sich Gerd Lewin, Chef der Polizeiinspektion Ost, auf Telepolis-Nachfrage. Auch halbnackte Femen-Aktivistinnen gelangten bei der Messe mit ihrem Protest ganz nah an den russischen Präsidenten heran (Video).

Heute gebe es jedoch eine deutlich verschärftere Sicherheitslage als damals, sagte Lewin weiter. "Damals war zum Beispiel der IS noch kein Thema." Zudem komme es bei Staatsbesuchen auch immer darauf an, was das Protokoll und der zuständige Sicherheitsdienst vorsehen. Zu den Kosten für den gesamten Einsatz beim Obama-Besuch konnte bzw. wollte sich keine der angefragten öffentlichen Stellen (Niedersächsisches Innenministerium, Stadt Hannover, Polizeidirektion) äußern.

Der Besuch des US-Präsidenten sei ein wichtiges Ereignis für die Stadt, deshalb bitte er währenddessen alle Einwohner um Geduld, appellierte Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) im Vorhinein. Das Gipfeltreffen mit den westlichen Staatslenkern am Montag übertreffe alles Bisherige hier. Die Stadt könne stolz sein. Montagabend fliegt Obama wieder ab. (Stefan Korinth)