Klimawandel-Datenbank mit Zukunftsplanungshinweisen

Der EU-Projektcluster CLIWASEC soll Bürgern, Kommunen und Behörden helfen, sich wirtschaftlich und baulich auf Veränderungen einzurichten

Wer sich Sorgen macht, wie sich der Klimawandel in seiner konkreten Wohngegend auswirkt, der kann seit letzter Woche auf dem neuen EU-Geoportal CLIMB nachsehen. CLIMB ist neben dem Hydrologieprojekt WASSERMed und dem politik- und sozialwissenschaftlich ausgerichteten Clico einer der drei Bestandteile des mit 9,3 Millionen Euro Steuergeld bezuschussten EU-Forschungsclusters CLIWASEC. Der Cluster, an dem 45 Institutionen aus 19 Ländern teilnehmen, soll Daten zu den Auswirkungen des Klimawandels sammeln, analysieren und Bürgern, Kommunen und Behörden Hinweise für deren Zukunftsplanung anbieten.

Bislang finden EU-Bürger dort allerdings vor allem Karten und Daten zur Region Rio Mannu di San Sperate in Sardinien, aber nichts über den niederbayerischen Schweinegürtel, die norddeutsche Tiefebene oder das österreichische Weinviertel. Rio Mannu di San Sperate ist eine von sieben Mittelmeerregionen, in denen im Rahmen von CLIWASEC Fallstudien angefertigt werden. Hier prognostizieren die EU-Klima- und Wasserforscher anhand von Daten aus einer Referenzperiode zwischen 1971 und 2000 für die Jahre 2041 bis 2070 einen Rückgang der jährlichen Niederschlagsmenge um 12 und eine daraus folgende Abnahme der Wasserressourcen um 15 bis 23 Prozent. Landwirte aus dieser Region müssen deshalb mit einem Rückgang der Produktivität rechnen oder anfangen, für künstliche Bewässerungssysteme zu sparen. Weitere Alternativen wären das Umsatteln auf den Fremdenverkehr (der durch weniger Regen nicht beeinträchtigt wird) oder der Wegzug.

EU-Geoportal CLIMB. Screenshot: Telepolis

Die französische Weinbau- und Aquakulturregion Thau, zu der es ebenfalls eine Fallstudie gibt, ist jetzt schon ein beliebtes Touristenziel. Hier warnt CLIWASEC vor einer "Verminderung des vorhandenen Oberflächen- und Grundwassers", die "Auswirkungen auf den Süßwassergehalt der Lagune" haben könnte. Für die trentinischen Gebirgsregion Noce bringt eine Klimaerwärmung dagegen nicht nur Risiken, sondern auch Vorteile: Der gleichnamige Fluss in diesem Gebiet speist sich nämlich aus Gletschern, die bei einer Temperaturzunahme teilweise schmelzen. Deshalb, so die EU-Klimaforscher, steigt im nur 105 Kilometer langen Noce der Wasserdurchfluss und mit ihm die Tauglichkeit zur Wasserkraftgewinnung. Überschwemmungen werden dadurch allerdings auch wahrscheinlicher, weshalb es wenig ratsam ist, in Flussnähe zu siedeln.

Vier der sieben Fallstudiengebiete befinden sich in Ländern, die gar nicht zur EU gehören. Eine davon ist die türkische Provinz Kocaeli am Schwarzen Meer - ein Gebiet, für das die Experten eine "Verschiebung der Regenzeit mit leicht erhöhten Niederschlagsmengen in den Wintermonaten" sowie öfter auftretende und längere Dürrezeiten prognostizieren, gegen die sie eine "zusätzliche Bewässerung der Felder" empfehlen. Weil sich die Region gerade stark industrialisiert und rasch verstädtert, stuft man die Folgen im Verhältnis zur wirtschaftlichen und sozialen Gesamtentwicklung gesehen aber als "eher gering" ein.

Auch das ägyptische Nildelta verstädtert - aber hier sind die EU-Klimaforscher weniger optimistisch: Der Anstieg des Meeresspiegels birgt ihrer Ansicht nach in dieser Gegend das Risiko einer "Versalzung von Boden und Grundwasser", die die "Versorgungssicherheit" gefährdet. Noch schlechter sieht es etwas weiter westlich, im tunesischen Wadi Chiba aus: Dort soll die "insgesamt verfügbaren Wassermenge" um 30 Prozent zurückgehen, was für den derzeit im Wadi Chiba betriebenen Getreideanbau "deutlich zu wenig" wäre. Eine "Anpassung des Wassermanagements" über die aktuell begonnene Abwasseraufbereitung hinaus halten die CLIWASEC-Fachleute deshalb für "unabdingbar".

Am schlechtesten sieht es den CLIWASEC-Daten nach für den Gazastreifen aus: Hier liegt das zentrale Problem im "extremen Bevölkerungswachstum", gegen das die herrschende Hamas nichts unternimmt. Das bereits jetzt knappe Grundwasser in der flusslosen Region ist aufgrund dieses Bevölkerungswachstums in den letzten Jahren stetig gesunken und wird den Prognosen nach noch einmal um 20 bis 30 Zentimeter zurückgehen. Zusätzlich befürchtet man, dass durch einen steigenden Meeresspiegel und Salzwasserüberschwemmungen eine Versalzung dieses Grundwassers und eine weitere Verwüstung des Bodens droht. (Peter Mühlbauer)

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