Extremes Leben: Wie die USA Klima-Weltkriege auslösen könnten

Extreme Temperaturen und historische Waldbrände wie hier im Bundesstaat Oregon im letzten Jahr werden in den USA immer häufiger. Bild: Oregon Department of Transportation / CC BY 2.0
In den unter Hitzewellen leidenden USA könnten die Trump-Anhänger bald wieder das Ruder übernehmen. Eine Katastrophe für den Klimaschutz. Es drohen Weltkriege im Klima-Stil, wenn die Weltbevölkerung nicht Widerstand leistet.
In den letzten Wochen hat ein rechter Oberster Gerichtshof in den USA ein mehr als hundert Jahre altes New Yorker Gesetz, das das Tragen verdeckter Waffen einschränkt, und einen fast 50 Jahre alten Präzedenzfall zur Abtreibung gekippt. In der Zwischenzeit hat der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 vor laufenden Kameras anschaulich dargelegt, wie der Ex-Präsident Donald Trump versucht hat, die Wahlen zu unterlaufen.
Die Inflation tobt natürlich weiter, die Gaspreise sind auf ein Rekordniveau gestiegen, der brutale Krieg in der Ukraine nimmt kein Ende, die Regierung Biden wirkt zunehmend unglücklich, und der Präsident selbst wird immer älter und weniger zielstrebig. Alles in allem ist unsere Welt in Unordnung und macht damit Schlagzeilen, während die Zukunft der USA dank rechten Richtern wie Alito und Thomas, ganz zu schweigen vom Trump-Clan, von den Schlimmsten unter uns bestimmt wird.
Mit anderen Worten, die Hitze im Land nimmt derart zu, dass wir scheinbar gefangen sind im Feuer des politischen Moments. Kein Wunder also, dass die bei weitem bedeutendste Gefahr unserer Zeit, zweifellos aller Zeiten, kaum auf unserem Radarschirm erscheint. Es sollte eigentlich jedem klar sein: Wir befinden uns bereits auf einem anderen Planeten. Und nein, ich denke dabei nicht an einen neuen Kalten Krieg, Donald Trump und die letzte Präsidentschaftswahl, dem möglichen Trump-Nachfolger und rechten Gouverneur von Florida Ron DeSantis und die nächste, oder gar die letzte Runde der nicht enden wollenden Covid-19-Pandemie.
Ich spreche davon, dass wir uns auf einem Planeten befinden, der bereits überhitzt, und zwar nicht nur politisch oder militärisch, sondern im wahrsten Sinne des Wortes. Ich spreche vom Klimawandel. Es geht dabei nicht nur um die zukünftige Überhitzung des Planeten. Was ich im Sinn habe, ist die Gegenwart.
Ich spreche von einem Land, den Vereinigten Staaten, das in letzter Zeit mit Hitzewellen über weiten Teilen des Landes saisonale Hitzerekorde in nie dagewesener Weise eingestellt hat. Phoenix (45,6 Grad Celsius), Tucson (44 Grad Celsius), El Paso (41,7 Grad Celsius) und Las Vegas (40 Grad Celsius) haben Juni-Rekorde gebrochen, ebenso wie Birmingham, Chicago, Little Rock, Jackson, Memphis, Shreveport und Nashville.
Und das ist nur der Anfang einer immer länger werdenden Liste von Hitzespitzenwerten, während der Oberste Gerichtshof gerade dafür gesorgt hat, dass immer mehr Treibhausgasemissionen in unsere Atmosphäre gelangen werden. Denn die Umweltbehörde EPA soll in Zukunft nicht mehr Emissionen regulieren dürfen.
Erst kürzlich warnte das National Weather Service Prediction Center 100 Millionen Amerikaner – und das ist kein Druckfehler –, von der Golfküste bis zu den Großen Seen sowie im Osten bis North und South Carolina, dass sie wegen der bedrohlichen Hitzewelle in den Häusern bleiben sollen. Der Südwesten und der Westen befinden sich zudem im dritten Jahr einer Megadürre, wie sie seit mindestens 1.200 Jahren nicht mehr aufgetreten ist.
Ich erinnere nur an die beiden rekordverdächtigen Megabrände in New Mexico, die nach zwei Monaten immer noch nicht aufgehört haben zu brennen (wobei die Hauptwaldbrandsaison im Westen noch bevorsteht). Und vergessen Sie nicht die 500-Jahres-Rekordüberschwemmungen im Yellowstone-Nationalpark, die ebenfalls mit der beispiellosen Hitze, plötzlichen Regengüssen und der Schneeschmelze in den Bergen zusammenhängen.
Und ja, ich denke an eine Arktis, die sich siebenmal schneller erwärmt (und schmilzt) als der Rest des Planeten. Ich denke an China, das mit Rekordhitzewellen und verheerenden Überschwemmungen zu kämpfen hat. Ich denke an Japan, das seine schlimmste Hitzewelle aller Zeiten erlebt. Ich denke an eine Hitzewelle im Frühjahr in Indien, die den wärmsten März seit Beginn der Aufzeichnungen in diesem Land verursachte, weite Teile Südasiens überhitzte und nach Ansicht von Wissenschaftlern nun 30 Mal wahrscheinlicher ist, als es früher der Fall gewesen wäre. Nicht zu vergessen sind auch die extremen Regenfälle und Rekordüberschwemmungen in dieser Region.
Ich denke auch an das verbrannte Horn von Afrika, das mit einer verheerenden Dürre zu kämpfen hat (und tatsächlich dahinsiecht). Ich denke an eine Provinzhauptstadt im Südosten des Irans, in der die Temperatur kürzlich einen Rekordwert von 52,2 Grad Celsius erreichte. Ich denke an Hitzewellen in Südeuropa, die so früh wie nie zuvor aufgetreten sind – im Fall von Spanien sogar rekordverdächtig früh.
Und das ist nur der Anfang einer langen Liste. Was ich hier beschreibe, ist ein Alptraum von Hitzewellen und anderen extremen Wetterereignissen, der erst begonnen hat und der, wenn es keine Überraschungen gibt, in den kommenden Jahrzehnten immer schlimmer werden wird. Wir sprechen von Teilen dieses Planeten, die möglicherweise unbewohnbar werden und zweifellos Hunderte Millionen, möglicherweise eine Milliarde oder mehr von uns zu Klimaflüchtlingen auf dem Weg in die … nun ja, Hölle machen.
Was wäre, wenn die amerikanische Demokratie Geschichte wäre?
Ich spreche auch von einem Land, in dem die amerikanischen Wähler bei den Midterm-Wahlen im November dieses Jahres und den Präsidentschaftswahlen zwei Jahre später nicht nur unser eigenes Schicksal, sondern das eines Großteils der Welt besiegeln könnten. Sie könnten dafür sorgen, dass der zweitgrößte Treibhausgasemittent der Welt (und historisch gesehen der größte aller Zeiten) noch mindestens sechs weitere Jahre von fossilen Brennstoffen angetrieben wird, handlungsunfähig gemacht wird von einer Trump-Blockade ähnlich der, die jetzt herrscht, organisiert von den Republikanern im Kongress unter Führung von Mitch McConnell mit dem Ex-Präsidenten Trump im Hintergrund sowie von Richtern, die von ihnen beim Obersten Gerichtshof und bei anderen Gerichten eingesetzt wurden.
Wenn das eintritt, kann sicher davon ausgegangen werden, dass auf nationaler Ebene nichts, aber auch gar nichts gegen die Überhitzung unseres immer stärker gequälten Planeten unternommen wird.
Wenn die derzeitige Version der Republikanischen Partei die Kontrolle über den Kongress und die Präsidentschaft erhält, werden weitere Probleme auf uns zukommen.
Zum einen wäre es denkbar, dass die Parteiführung in einem Triumphzug versuchen würde, die irren Vorstellungen des Ex-US-Präsidenten über das amerikanische Wahlsystem umzusetzen und die USA in eine Autokratie zu verwandeln (und ja, das würde wahrscheinlich mit halbautomatischen Gewehren geschehen). Die amerikanische Demokratie wäre an diesem Punkt Geschichte. Dann hieße es: "Bring on the heat!" Man könnte auch sagen: Willkommen in Amerika, Wladimir Trump! (Oder Wladimir DeSantis! Oder füllen Sie die Lücke selbst aus!)
Eine Hölle auf Erden? Früher war das nicht mehr als eine Phrase für Extremsituationen, eine Metapher. Zunehmend wird es jedoch zu einer immer genaueren Beschreibung unseres Lebens auf diesem Planeten und zu etwas, an das wir uns gewöhnen müssen. Nur gäbe es für viele von uns in einer solchen Zukunft keine Möglichkeit, das zu tun: sich anzupassen.
Es gäbe dann auch keinen Grund mehr, sich auf Ausreißer wie die 49-Grad-Frühlingstemperaturen in Indien und Pakistan oder den 52-Grad-Tag im Iran zu konzentrieren, da immer extremere Wetterverhältnisse einfach zum Leben auf der Erde gehören werden. Tatsächlich werden wir früher oder später aufhören müssen, das als Extremwetter zu bezeichnen. In zunehmendem Maße wird es einfach das Wetter sein. Punkt.
Und das ist vielleicht das Beunruhigendste von allem: Irgendwie ist der Klimawandel in diesem Land noch nicht zu einem bedeutenden Teil der nationalen Debatte oder der Mainstream-Politik geworden. Die Demokraten scheinen noch nicht in der Lage zu sein, mit diesem Thema erfolgreich zu kandidieren. Das ist beachtlich, denn abgesehen von einem Atomkrieg liegt unsere apokalyptische Zukunft offen vor uns, sie bezeichnet nichts Fernes, sondern beginnt sich vor unseren Augen zu entfalten.
Ja, die Klimakrise war kurzzeitig ein Teil von Joe Bidens lange versenktem "Build Back Better"-Gesetz, aber jetzt ist es einfach weg. Der Kohlebaron Joe Manchin hat die Energiewende bei den Demokraten einfach blockiert. Schlimmer noch: Seit Biden im Weißen Haus ist, konzentriert sich sein außenpolitisches Team auf die Förderung eines neuen kalten Krieges mit China. Sein Ziel: Verbündete und andere gegen ein aufstrebendes China zu mobilisieren und die Beziehungen zwischen den beiden Supermächten der Welt weiter zu militarisieren.
Man könnte meinen, dass die beiden größten Treibhausgasemittenten der Gegenwart, China und die Vereinigten Staaten, einen natürlichen Drang verspüren würden, zusammenzuarbeiten, um die Energiestruktur dieses Planeten zu verändern. Aber das ist nicht der Fall. (Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal etwas von John Kerry, dem Sonderbeauftragten der Regierung Biden für den Klimawandel, gehört?)
Und dann ist da natürlich noch der Krieg in der Ukraine (vielen Dank, Wladimir Putin!), der diesen Planeten nur noch mehr mit fossilen Brennstoffen versorgt und die Entwicklung hin zu grüner und sauberer Energie auf eine ferne Zukunft verschiebt. In Ermangelung von russischem Erdgas und Erdöl erwägen einige verzweifelte europäische Länder sogar, sich wieder der Kohle zuzuwenden, der schlimmsten aller Energiequellen!
Es liegt auf der Hand, dass dieser Krieg sofort beendet werden muss, und zwar nicht nur für die leidenden Ukrainer in einem zunehmend von Trümmern übersäten Land oder die elenden russischen Soldaten, die in Putins Krieg kämpfen, sondern für uns alle, für den Planeten selbst.
Die größte Katastrophe in der Geschichte der Menschheit?
Erwarten Sie nicht, dass der Klimawandel bei den Wahlen im November ein großes Thema sein wird, wenn überhaupt. Und die sechs konservativen Richter des Obersten Gerichtshofs, die bleiben werden, arbeiten bereits daran, sicherzustellen, dass keine künftige amerikanische Regierung in der Lage sein wird, nennenswerte Maßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen der globalen Erwärmung zu ergreifen.
Kurz gesagt, ich spreche von einem Planeten, auf dem ich nicht einmal erwartet habe zu leben, und den ich ganz sicher nicht meinen Kindern und Enkeln überlassen möchte. Was in aller Welt haben sie getan, um das zu verdienen?
Und es ist unfassbar, dass wir es einfach nicht begreifen. Ja, es gibt viele Wissenschaftler und eine Reihe von jungen Menschen, die das Problem voll erfasst haben und ihr Bestes tun, um es zu adressieren. Aber dieses Land als Ganzes (in der Welt insgesamt sieht es nicht viel besser aus) hat zur Hölle nochmal keinen Plan.
Andernfalls würden wir jetzt mobilisieren, um der globalen Erwärmung zu begegnen, so wie Präsident Franklin Roosevelt die Amerikaner für den Zweiten Weltkrieg mobilisiert hat. Denn die Wahrheit ist, dass sich das Klima und das Wetter als Verursacher von einem dritten (und vierten und fünften) Weltkrieg erweisen könnten, wenn wir den Kurs nicht schnell ändern.
Solche Klima-Kriegsschauplätze würden das, was der russische Präsident getan hat, weit in den Schatten stellen. Es wird, um Kurt Vonneguts Ausdruck für den Zweiten Weltkrieg zu verwenden, ein "Schlachthaus" einer neuen Art sein. Doch so dringend nötig sie auch sein mag, um Schlimmstes zu verhindern, eine Klimaschutz-Mobilisierung scheint im Entferntesten bisher nicht in Sicht zu sein. Schlimmer noch, wenn die amerikanische Politik ihren derzeitigen Kurs beibehält, ist eine solche in denkbarer Zukunft kaum mehr vorstellbar.
Was muss getan werden? Die Antwort darauf ist eigentlich einfach. Wir – und damit ist ein Großteil der Weltbevölkerung gemeint, nicht nur wir hier in den Vereinigten Staaten – müssen ausnahmsweise nicht gegeneinander mobilisieren, sondern gegen das, was sich eindeutig zur größten Katastrophe der Menschheitsgeschichte entwickelt.
Denken Sie einen Moment darüber nach.
Und doch scheinen die Männer – und es waren Männer – immer noch im Sattel zu sitzen, die ich vor Jahren als Terraristen bezeichnet habe, weil sie und die von ihnen geleiteten Ölkonzerne so sehr darauf bedacht zu sein scheinen, den Planeten zu zerstören (was ich "Terrazid" nenne), um möglichst schnell Profite zu erzielen und sich selbst ein Leben in Saus und Braus zu ermöglichen. Im 21. Jahrhundert haben die USA einen katastrophalen 20-jährigen Krieg gegen den Terrorismus geführt, aber nicht einmal gegen die Terror-Terraristen dieses Planeten gekämpft, egal, ob nun Republikaner oder Demokraten im Amt gewesen sind.
Wie ich vor fast einem Jahrzehnt über sie schrieb,
Diejenigen, die die riesigen Energiekonzerne leiten, wussten sehr wohl, was vor sich ging, und hätten natürlich wie wir alle in der Zeitung darüber lesen können. Und was taten sie? Sie steckten ihr Geld in die Finanzierung von Denkfabriken, Politikern, Stiftungen und Aktivisten, die darauf bedacht waren, Zweifel an der Wissenschaft [des Klimawandels] zu säen (die Ergebnisse konnte nicht wirklich widerlegt werden). Sie und ihre Verbündeten befeuerten energisch das, was als Klimaleugnung bekannt wurde. Dann steckten sie ihre Agenten, Lobbyisten und Gelder in das politische System, um sicherzustellen, dass ihre Plünderungsmethoden nicht gestört werden würden. Und in der Zwischenzeit verdoppelten sie ihre Bemühungen, die Energie auf immer intensivere und schmutzige Weise aus dem Boden zu holen.
Und in Wahrheit hat sich bis heute nur wenig daran geändert, denn die Energiekonzerne florieren vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, während die Preise für Erdöl und Erdgas in die Höhe schießen und die Menschen darunter leiden müssen.
Es ist nicht so, dass es nichts zu tun gäbe. Die Preise für erneuerbare Energien sinken seit Jahren kontinuierlich. Würden die Regierungen sich in der Weise, wie sie sich um Kriege, heiße und kalte, kümmern, auch um Klimaschutz bemühen würden, und das Geld, das ins Pentagon und seine globalen Äquivalente fließt, zur Finanzierung einer neuen Energieumwelt nutzen würden, zweifeln Sie nicht eine Sekunde daran, dass wir uns in Richtung einer wirklich erneuerbaren Welt bewegen könnten.
Die führenden Wissenschaftler dieses Planeten haben uns immer wieder gewarnt, dass es nicht nur schlimm wird, sondern dass es noch viel schlimmer werden kann, wenn die Menschheit sich nicht grundlegend umorientiert. Die Frage ist: Wann wird der Schmerz des Klimawandels zu groß, um ihn weiter ignorieren zu könnten. Wird es kann zu spät sein? Ich hoffe sehr, dass es nicht so weit kommt!
Der Artikel erscheint in Kooperation mit der Website TomDispatch.
Tom Engelhardt ist Gründer und Betreiber der Website TomDispatch.com. Er ist außerdem Mitbegründer des American Empire Project und Autor einer Geschichte des amerikanischen Triumphalismus im Kalten Krieg "The End of Victory Culture". Er ist Stipendiat des Type Media Center. Sein neueste Buch heißt "A Nation Unmade by War".