EU: Wenig Interesse an Klimaschutz

Europäische Umweltagentur in Kopenhagen, Dänemark. Bild: Vertikaler Garten, CC BY-SA 2.0
Energie und Klima – kompakt, Teil 2: EU-Mitglieder sind auf dem Weg, die eigenen Klimaziele zu verfehlen. Keine Bereitschaft in Brüssel, internationale Verhandlungen voranzubringen. Ein wichtiges Treffen in Ägypten ist davon betroffen.
Die EU-Mitgliedsstaaten sind noch immer viel zu langsam, wenn es um die Umsetzung von Klimaschutz und den Ausbau der erneuerbaren Energieträger geht. Allein um die für 2030 selbstgesteckten und unzureichenden Klimaschutzziele zu erreichen, müssten die Anstrengungen verdoppelt werden. Das ist das Ergebnis einer Studie der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen.
Demnach wird trotz mittelfristig sinkender Treibhausgasemissionen das Ziel für 2030, den Ausstoß um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken, krachend verfehlt werden. Ganz zu schweigen vom Ziel, bis 2050 klimaneutral wirtschaften zu wollen.
Deutschland hatte zum Beispiel außerdem schon sein selbstdefiniertes Ziel für die Absenkung des Endenergieverbrauchs bis 2020 verpasst. Beklagt wird der EU-weit wachsende Verbrauch von Stein- und Braunkohle und die Investitionen in neue fossile Infrastruktur, die eine Festlegung für die nächsten Jahre bedeute. Wobei Braunkohle, der Brennstoff mit den meisten Treibhausgasen pro erzeugter Kilowattstunde, vor allem in Deutschland im großen Umfang verbrannt wird.
Dabei stellt auch die Kopenhagener Agentur, die im Auftrag der 27 EU-Mitglieder sowie Islands und Norwegens arbeitet, fest, dass sich die Klimakrise langsam zuspitzt:
Im letzten Jahr waren die Auswirkungen des Klimawandels offensichtlicher denn je: Schwere Dürren, Wasserknappheit, Überschwemmungen und Rekordtemperaturen haben einmal mehr die potenziell verheerenden Folgen des Klimawandels gezeigt.
Wir hatten gestern im ersten Teil diese wöchentlichen Kolumne bereits mit einer unvollständigen Liste auf die unzähligen Flutkatastrophen der letzten zwei Wochen hingewiesen. Gefehlt hat darin unter anderem Bangladesch, wo ein tropischer Wirbelsturm zu Beginn der Woche mindestens 24 Menschen getötet und rund 10.000 Häuser zerstört hat.
Der Kopenhagener Bericht zeigt nun, dass die EU-Mitglieder noch immer viel zu wenig unternehmen, um derlei Katastrophen zu verhindern oder abzumildern. Damit verspricht er viel Konfliktstoff für die diesjährige UN-Klimakonferenz.
In knapp zwei Wochen ist es mal wieder so weit. In Ägypten, in Scharm-el-Scheich am Roten Meer, werden sich Regierungsvertreter aus aller Welt treffen und zwei Wochen lang miteinander zu verhandeln.
Werden nun Entschädigungen für Klimawandel fällig?
Ein Bündnis aus Entwicklungsländern und kleinen Inselstaaten ist fest entschlossen, endlich die Frage der Entschädigung auf die Tagesordnung zu setzen. "Loss and damage" (Schäden und Verlust) wird das Thema im Fachjargon der Klimadiplomaten.
Im Kern geht es vielen Ländern des Südens darum, das Verursacherprinzip in die internationalen Beziehungen einzuführen. Die vermögenden Länder sollen für die aufgrund ihrer Treibhausgasemissionen entstehenden Schäden haftbar gemacht werden.
Wie man sich vorstellen kann, trifft dieses Vorhaben in Washington, Brüssel oder auch in Berlin auf wenig Gegenliebe. Die US-Vertreter hatten 2015 gar versucht, in die Pariser Klimaübereinkunft einen Passus zu schreiben, der Schadensersatzansprüche für alle Zeiten ausgeschlossen hätte.
Das wurde zwar abgewendet, aber die US-Forderung ist nicht ganz vom Verhandlungstisch verschwunden, sondern wurde in den Anhang des Vertrags aufgenommen.
Auch die EU zeigt wenig Neigung, die Verantwortung für ihre historischen und noch immer viel zu hohen Emissionen zu übernehmen. Auf den Klimakonferenzen tritt sie regelmäßig geschlossen auf.
Die Unionsverträge sehen vor, dass die Mitgliedsländer sich im Vorfeld auf eine gemeinsame Verhandlungsposition einigen, was zu Beginn dieser Woche geschehen ist.
Der Ministerrat der Umweltminister haben einen Text verabschiedet, der zwar den Ernst der Lage nicht beschönigt und – wie auch ein gestern veröffentlichter UN-Bericht – feststellt, dass die bisher eingegangenen Selbstverpflichtungen der Länder zum Klimaschutz bei Weitem nicht ausreichen, um die globale Erwärmung auf 1,5 und auch nicht auf zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Alle Länder müssten ihre Anstrengungen verstärken, so die EU-Verhandlungsposition. Gleichzeitig wird jedoch kein Angebot auf den Tisch gelegt, die eigenen Ziele nachzuschärfen, sondern nur versprochen, sich nunmehr um deren Umsetzung zu kümmern.
Nach einer engagierten Verhandlungsoffensive hört sich das nicht an. Immerhin hatten sich die EU-Umweltminister Anfang Oktober bereits in einer Erklärung zu den Finanzfragen der internationalen Klimapolitik erstmalig dazu bereit erklärt, über "Loss and damage" zu reden. Doch das ist noch keine Zustimmung, auch explizit das Verursacherprinzip anzugehen.
Außerdem taucht dieses Angebot in der aktuellen Position für Scharm-el-Scheich nicht wieder auf. Die Union zeigt damit wenig Interesse an substanziellen Verhandlungsfortschritten.
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