Die besten Eklats des ukrainischen Vize-Außenministers Andrij Melnyk (Update)

Um keine Beschimpfung verlegen: Andrij Melnyk. Bild: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Skandale und Skandälchen eines Diplomaten. "Arschloch", "Leberwurst", "Putin-Versteher", "Hexe": Die Top Eleven der Andrij-Melnyk-Attacken.

Mit der Abberufung des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk verlässt einer der umstrittensten Vertreter des osteuropäischen Landes die Bühne – zumindest in seiner aktuellen Funktion. Unabhängig von der Order, nach Kiew zurückzukehren, bleibt offen, ob der 46-Jährige sein Land künftig nicht sogar als stellvertretender Außenminister vertritt. Dies hatte die Boulevardzeitung Bild unter Berufung auf Kiewer Quellen berichtet.

Das Präsidialamt in Kiew hatte am Wochenende bekannt gegeben, Melnyk als ukrainischen Botschafter in Deutschland abzuberufen. In einem entsprechenden Dekret werden allerdings keine Gründe für die Entscheidung genannt.

Auch die Botschafter der Ukraine in Tschechien, Norwegen, Ungarn, Indien, Nepal, den Malediven, Sri Lanka und Bangladesch müssen ihre Posten räumen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem normalen Vorgang und einer „simplen Rotation“.

In einer seiner Videobotschaften sagte Selenskyj am Samstag, die Rotation des Diplomaten sei „ein üblicher Teil der diplomatischen Praxis“. Die ukrainische Botschaft in Berlin lehnte es nach Agenturangaben ab, das Dekret zu kommentieren. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, man sei offiziell noch nicht von einer Personalentscheidung informiert worden.

Es liegt jedoch nahe, dass die Abberufung Melnyks im Zusammenhang mit wiederholten Eklats steht. Dabei stand der Diplomat seit seinem Amtsantritt im Jahr 2015 lange im Schatten und galt als eher unbekanntes Mitglied des diplomatischen Corps. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine machte Melnyk dann mit verbalen Angriffen und Beschimpfungen deutscher Politiker von sich reden – und sorgte vor damit allem in der SPD, die mehrfach in das Visier des Botschafters rückte, für Unmut

Für einen ukrainischen Botschafter war Melnyk ungewöhnlich lange im Amt. Auch der Zeitpunkt seiner Abberufung weist daher darauf hin, dass sie im Kontext der jüngsten Eklats steht. Zuletzt war er massiv unter Druck geraten, nachdem er in einem Interview mit dem Journalisten Thilo Jung den ukrainischen Faschisten und Antisemiten Stepan Bandera verteidigt hatte.

Bandera führte während des Zweiten Weltkriegs die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) an, die für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich ist.

Zum Abschied: Vorsichtige Kritik aus Politik und Medien

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte angesichts der Abberufung, Melnyk sei "mehr Politiker als Diplomat" gewesen: "laut, unbequem und äußerst streitbar". Er habe als Botschafter durchaus auch Grenzen überschritten: "Er war der lautstarke Kämpfer für ein Land, das sich in einem furchtbaren Krieg befindet."

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter wies gegenüber der Augsburger Allgemeinen darauf hin, dass der scheidende Botschafter bereits vor dem russischen Angriff auf sein Land auf eine entsprechende Bedrohungslage hingewiesen hat. "Dass er hier nicht immer den diplomatischen Ton traf, ist angesichts der unfassbaren Kriegsverbrechen und des Leids für das ukrainische Volk mehr als verständlich", so Kiesewetter.

Zu seinem vor allem in Polen und Israel heftig kritisierten Äußerungen über Bandera schwieg Melnyk selbst zunächst, um sich dann in einem Tweet an die "lieben jüdischen Mitbürger" um Schadensbegrenzung zu bemühen.

Die Kritik wies er als "absurden Vorwürfe" zurück, die er entschieden zurückweise: "Jeder, der mich kennt, weiß: immer habe ich den Holocaust auf das Schärfste verurteilt." Die Nazi-Verbrechen des Holocaust seien eine gemeinsame Tragödie der Ukraine und Israels. Seine Äußerungen zu Bandera aus dem Skandal-Interview revidierte er nicht.

In der deutschen Presse wurde die Rolle Melnyks ambivalent bewertet. „Viele in Deutschland dürften aufatmen, insbesondere das Kanzleramt, das er seit Kriegsbeginn vor sich hertrieb“, schrieb der in Konstanz erscheinende Südkurier. Trotzdem werde Melnyk fehlen: "Mit seinem ständigen Drängeln durchkreuzte der undiplomatische Diplomat die zögerliche Ukraine-Politik von Kanzler Scholz und den Bremsern in der SPD."

Die Leipziger Volkszeitung kommentierte, es sei "bedauerlich, dass Melnyk mehr Porzellan zerschlagen hat, als er für seine Sache erreichen konnte".

Im Folgenden dokumentiert Telepolis nochmals die Top Ten der umstrittenen Äußerungen von Melnyk.

Platz 1: Andrij Melnyk gegen Olaf Scholz: Das "Leberwurst"-Zitat

Nach der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lehnte es Bundeskanzler Olaf Scholz zunächst ab, in die ukrainische Hauptstadt Kiew zu reisen. Unter diesen Umständen sehe er von einem Besuch ab, sagte der SPD-Politiker in der ersten Mai-Woche.

Die Antwort von Melnyk kam stante pede. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte er:

Eine beleidigte Leberwurst zu spielen, klingt nicht sehr staatsmännisch.

Andrij Melnyk zu Olaf Scholz

In der Welt des ukrainischen Vize-Außenministers Andrij Melnyk scheint das Mittelalter eine wichtige Referenz, wenn es um Debattenkultur und Verdamnis geht. In Melnyks Welt, die keine Privatwelt ist, gibt es noch das Hexen-Label und er klebt es an eine oppositionelle Abgeordnete eines befreundeten demokratischen Staates. Eine Lektion in Demokratieverständnis?

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