Der Werbekrieg gegen terroristische Kiffer

Der Kampf gegen den Terror innerhalb der USA wird auf das gewaltlose Verbrechen "illegaler Drogenkonsum" ausgeweitet

Den Kampf gegen den Konsum illegaler Drogen hat die damalige First Lady Nancy Reagan auf ihre Fahne geschrieben, als sie 1981 mit Ehemann Ronald ins Weiße Haus zog. "Just Say No" lautete damals die Parole. Präsident Bush schließt mit der Kampagne Terror und Drogen an.

Das Programm Reagans ist mittlerweile sehr umstritten, ist es doch mitverantwortlich für die massive Zunahme der Zahl der Inhaftierten in den USA - rund 500.000 Häftlinge von 1,5 Millionen wegen Drogenbesitz oder -konsum. Im Jahre 1980, also vor der "Just Say No" Kampagne Nancy Reagans, lag die Zahl bei 50.000. Eine halbe Million Inhaftierte nur wegen Drogen: Das sind mehr als alle in Europe Inhaftierten zusammen, wie selbst der Republikanische Gouverneur von New Hampshire Gary E. Johnson weiß.

Laut Analysen des International Center for Prison Studies haben die USA mehr Inhaftierte pro Einwohner als jedes andere Land der Erde: 702 pro 100.000 (in Deutschland sind es 95 pro 100.000). Der Besitz von Marihuana kann sogar eine längere Haft als eine Vergewaltigung zur Folge haben, auch wenn im Durchschnitt die Haftstrafen für Vergewaltigungen rund 2-4 Mal so lang wie für den Besitz und/oder Konsum von illegalen Drogen.

Strafen für Drogenbesitz und -konsum in Texas

Besitz:

  1. Weniger als 60 Gramm - Vergehen - 180 Tage - $2.000
  2. 60 bis 120 Gramm - Vergehen - 1 Jahr - $4.000
  3. 120 Gramm bis 2 1/2 Kilos Vergehen oder Kapitalverbrechen 180 Tage - 2 Jahre - $10.000
  4. usw.

Verkauf:

  1. Geschenk von weniger als 7.5 Gramm - Vergehen - 180 Tage - $2.000
  2. Verkauf von weniger als 7.5 Gramm - Vergehen - 1 Jahr - $3.000
  3. 7.5 Gramm to 2 1/2 Kilos - Vergehen oder Kapitalverbrechen - 180 Tage - 2 Jahre - $10.000
  4. usw.

Nun hat George Bush Jr., dem man Kokainkonsum nachsagt, auch gelegentliche Kiffer ins Visier genommen - als potenzielle Unterstützer von Terroristen. Die neue Drogenpolitik des Weißen Hauses wurde bereits vor einem Monat mit einem Werbespot zwischen Bierwerbung beim Superbowl gestartet - der Spot kann übrigens für rosige $9.75 hier gestreamt werden.

"Before the events of the 11th, ... people would have never thought about these three subjects coming together: our kids, terrorism and drugs."
Steve Casteel, Assistant Administrator for Intelligence, Drug Enforcement Administration

Das Hauptargument im Superbowl-Spot lautet: "Wo kriegen Terroristen ihr Geld her? Wenn du Drogen kaufst, könnte einiges von dir stammen." Es war die teuerste Werbekampagne der Geschichte für die US-Regierung: 3,2 Millionen US-Dollar. Insgesamt aber will die Bush-Regierung $19.2 Milliarden für ihre Anti-Drogen-Kampagne ausgeben.

Seitdem ruhen die Werbeagenturen nicht

Das Kleingedrückte: "Letztes Wochenende habe ich mein Auto gewaschen, ich bin mit ein paar Kumpels herumgehangen und habe dabei geholfen, eine Familie in Kolumbien zu ermorden. Ach was, es war eine Riesengaudi." Andere Plakate lauten: "Gestern nachmittag habe ich die Wäsche gemacht, bin joggen gegangen und habe einen Vater gefoltert."

Die Liste der Verbrechen, die die Konsumenten von illegalen Drogen mitzuverschulden haben, geht auf anderen Plakaten so weiter: "Ich habe mitgeholfen, einen Polizisten umzubringen"; "Ich habe mitgeholfen, eine Familie umzubringen"; "Ich habe mitgeholfen, Väter zu entführen"; "Ich habe mitgeholfen, Kindern das Töten beizubringen"; "Ich habe mitgeholfen, Gebäude in die Luft zu sprengen"; und letztlich "Ich habe mitgeholfen, einen Richter umzubringen".

Diese Beispiele seien auch nicht aus der Luft gegriffen, wie die Werbemacher erklären, sondern beruhen auf tatsächlichen Ereignissen. Der umgebrachte Richter etwa habe in Kolumbien vorrangig mit Drogenschmugglern zu tun gehabt.

Ironischerweise wurde die Tochter von Jeb Bush, dem Bruder des Präsidenten, im Januar verhaftet, als sie versuchte, mit einem verfälschten Rezept an die Droge Xanax zu gelangen, die gegen Angstzustände wirkt. Das Drogenproblem in den USA beschränkt sich - wie anderswo auch - nicht auf illegale Drogen. Neben den zwei bekanntesten legalen Drogen - Alkohol und Bier - herrscht in den USA ein hoher Konsum an legalen Medikamenten, die keine Krankheiten bekämpfen, wie z.B. Prozac, die gegen Impotenz verschrieben wird, oder Baycol, die gegen hohe Cholesterin-Werte im Blut verschrieben wurde - bis rund 40 "Patienten" weltweit an Muskelschwund starben und Bayer letztes Jahr die Pille vom Markt nahm. Seitdem müssen die verbleibenden 700.000 Bayrol-Konsumenten in den USA auf die fünf verbleibenden Drogen gegen Cholesterin ausweichen - oder gesünder essen.

Der Director des Office of National Drug Control Policy John Walters - genannt "Drug Czar" - startete außerdem am 19.02.2002 das Drug@Work-Programm, das Arbeitgeber dabei unterstützen soll, Produktivitätsverluste durch Drogen konsumierende Mitarbeiter zu verhindern. (Craig Morris)