Bunkerbrecher am Limit: Wenn Bomben an physikalische Grenzen stoßen

Christoph Jehle
Ein B2-Bomber im Einsatz (künstlerischer Darstellung)

Ein B2-Bomber im Einsatz (künstlerischer Darstellung)

(Bild: Naeblys/Shutterstock.com)

Das US-Militär stützt sich auf seine Luftüberlegenheit. Doch auch Bomben kennen Grenzen. Was passiert, wenn Waffen an den Gesetzen der Physik scheitern?

Bereits im Vietnamkrieg setzten die USA vor allem auf ihre Lufthoheit – und dehnten den Konflikt heimlich auf die Nachbarstaaten Laos und Kambodscha aus. Dort regnete es Bomben, während die Militärführung versuchte, das Ausmaß der Angriffe mit gefälschten Logbüchern ihrer Bomber zu verschleiern. Die Folgen der US-Bombardements wirken sich in diesen Ländern bis heute aus.

Zwölf MOPs über Fordo

Und so setzten die USA auch gegen den Iran auf die Kraft ihrer Bombentechnik. Man setzte auf die extra für den Angriff auf den Iran entwickelten Bunkerbrecher oder Massive Ordnance Penetrator (MOP) mit dem Namen GBU-57 mit einem Gewicht von etwa 13-14 Tonnen und einer Sprengladung von 2,4 Tonnen, die jedoch höchstens 60 Meter tief in das Bergmassiv eindringen konnten.

Daher wurden über Fordo nach aktuellem Kenntnisstand gleich zwölf MOPs abgeworfen. Ob man die Urananreicherungsanlagen, die sich in mindestens 100 Metern Tiefe befanden und zusätzlich zu den Gesteinsschichten möglicherweise auch mit Beton gehärteten Schichten verstärkten Anlagen zerstören konnte und das iranische Atomprogramm damit dauerhaft beenden konnte, ist bislang nicht geklärt.

Das iranische Atomprogramm, zu dem auch Fordo gehört, zielt offiziell darauf ab, die Energieversorgung des Landes durch Kernenergie zu ergänzen, wobei die Bemühungen bereits 1959 begannen, als der Iran wirtschaftliche und sicherheitspolitische Beziehungen zu den USA und Israel unterhielt. Es wurde aber durch die Islamische Revolution und den Ersten Golfkrieg unterbrochen.

Bunkerbrecher, auch bekannt als "bunker buster", sind Waffen, die entwickelt wurden, um unterirdische Bunker und andere befestigte Strukturen zu zerstören. Die Physik hinter diesen Waffen beinhaltet die Kombination aus kinetischer Energie, Aufprallkraft und Zündverzögerung, um tief in den Boden einzudringen, bevor eine Explosion ausgelöst wird.

Im Rahmen der 15 Jahre dauernden Vorbereitung des Angriffs auf den Iran soll das Pentagon,wie die New York Times 2019 berichtet haben soll schon vor Jahren eine Nachbildung der Anlage in Fordo gebaut und dann die pro Stück etwa vier Millionen teure GBU-57 in einem Versuchsgebiet der US-Luftwaffe im dünn besiedelten südwestlichen Bundesstaat New Mexico getestet haben.

Die Entwicklung dieser Bombe begann Anfang der 2000er Jahre. 2009 wurden 20 Einheiten bei Boeing in Auftrag gegeben. Sie wurde noch unter US-Präsident George W. Bush speziell dafür entwickelt, tief liegende und gut geschützte Atomanlagen im Iran und in Nordkorea zerstören zu können.

Die US-Armee soll insgesamt 20 dieser Bunkerbrecher-Bomben im Arsenal haben. Möglich ist deren Abwurf nur mit dem Stealth-Bomber B2 Spirit der US-Airforce, wovon zurzeit 20 Stück im Einsatz sein sollen.

Die bunkerbrechende Bombe ist mittels GPS präzisionsgelenkt und man könnte mit mehreren Bombe wieder auf den gleichen Punkt zusteuern, wie man den 50 Meter tiefen Bunker des langjährigen Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah mit 80 bunkerbrechenden Bomben des Typs BLU-109 aus amerikanischer Produktion zerstört hatte. Die schnelle Abfolge von Munition wird oft als Daisy Chaining bezeichnet.

Was den Erfolg der US-Bunkerbrecher schmälern kann

Nachdem Trump kurz nach dem Angriff der USA auf den Iran den durchschlagenden Erfolg des Angriffs begeistert gelobt hatte, kamen aufgrund der Resonanz der iranischen Staatsführung durchaus Zweifel am US-Erfolg auf. Der Angriff auf den Iran im Windschatten Israels war möglicherweise keineswegs so erfolgreich, wie die offizielle Propaganda verlauten ließ.

Das hing wohl einerseits damit zusammen, dass das etwa 400 Kilo schwere Ziel der bunkerbrechenden Waffen zum Zeitpunkt des Bombenabwurfs schon längst an einen unbekannten Ort verlagert war und andererseits, dass die Durchschlagskraft der Bunkerbrecher aus physikalischen Gründen das überlagernde Gebirge nicht durchschlagen konnte.

Es wird daher davon ausgegangen, dass die USA mit ihrer ″Operation Midnight Hammer″ gezielt die Stellen bombardiert haben, die während des Baus der Anlage von Fordo für Lüftungsschächte in das Gestein geschlagen worden waren und wo aus diesem Grunde die Gesteinsstruktur geschwächt war.

Zugleich wird aus US-Militärkreisen berichtet, dass die Angriffe zwar die elektrische Infrastruktur der Anlage in Fordo schwer beschädigt hätten, die Schäden jedoch nicht ausreichten, um die unterirdische Struktur substanziell zu zerstören.

Offensichtlich hat der Iran im Vorfeld der israelischen und US-amerikanischen Angriffe die Zugänge zur Anlage in Fordo gezielt verschüttet, um sie nach den Luftschlägen wieder frei zu räumen.

Die USA gehen zudem inzwischen auch davon aus, dass die iranische Regierung offenbar kleinere, verdeckte Anreicherungsanlagen betreibt, die das Atomprogramm im Falle eines Angriffs auf größere Einrichtungen absichern sollten.

Zudem scheint die Physik, abhängig vom zu durchschlagenden Material, der limitierende Faktor für die Durchschlagskraft der nicht-nuklearen Bunkerbrecher zu sein. Nähere Angaben zur geologischen Struktur, in welcher die Anlage von Fordo errichten wurde, sind derzeit im Westen nicht bekannt.

Mit der Weiterentwicklung der Bunkerbrecher wollen die USA jetzt das Bedrohungspotential gegen Nordkorea und die Volksrepublik China aufrecht erhalten, die beide wie auch Russland in absehbarer Zeit wieder in den Fokus der militärischen Konfrontation geraten dürften.

Die Präzisionssteuerung der Bunkerbrecher durch GPS ist neben der Geologogie des Zielgebiets möglicherweise ein gravierender Schwachpunkt dieser Waffen. Denn mit Hilfe von gezielten GPS-Störungen könnte die Präzision der Bomben künftig durchaus leiden.